Süddeutsche Zeitung

Kinderehen:Schreckliches Dilemma

Ein 21-Jähriger mit einer 14-jährigen Frau? So schlimm das ist, manchmal ist es für die Kinder sogar ein Schutz.

Von Ulrike Heidenreich

Verheiratet man ein 14-jähriges Mädchen mit einem 18 Jahre alten Mann, dann gilt künftig: Diese Ehe ist automatisch ungültig. Kann jemand ernsthaft etwas dagegen einwenden? Gegen ein Gesetz, das Lebensbünde trennt, die unweigerlich mit Etiketten wie Druck, Zwang und Missbrauch versehen sind? Es ist eine zwiespältige Entscheidung - aber man kann. Kinderehen sind ein Problem, auch wenn sie aufgelöst werden. Es bleiben Menschen zurück, die in ihren Kulturkreisen als wehr- und ehrlos gelten.

Es war der Fall eines syrischen Mädchens in Aschaffenburg, der Bundesjustizminister Maas veranlasst hatte, ein Gesetz gegen Kinderehen auf den Weg zu bringen. Das Flüchtlingskind an der Hand seines 21-jährigen Ehemannes war so schmächtig, dass die Mitarbeiter des Jugendamtes nicht sicher waren, ob es nicht erst zwölf anstatt der angegebenen 15 Jahre alt war. Da musste man handeln.

Es sind nun aber ausgerechnet Menschenrechtler und Kinderschutzverbände, die vor den Folgen warnen. Weil es keine Einzelfallprüfungen gibt und die Ehen der unter 16-Jährigen für nichtig erklärt werden, können Unterhalts- und Aufenthaltsrechte verloren gehen. Würden die Ehen hingegen von Familiengerichten aufgehoben, wäre der Rechtsstatus ein anderer. Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung, ist aber zu rigide. So verstörend es in diesem Zusammenhang klingt: Es geht ums Kindeswohl.

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Quelle:
SZ vom 06.04.2017
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