Süddeutsche Zeitung

Katholische Kirche:Franziskus bittet um Vergebung

Lesezeit: 2 min

Der Papst reist nach Irland und stellt sich dem Thema Missbrauch. Selbst ein Ex-Diplomat des Vatikans erhebt nun schwere Vorwürfe.

Papst Franziskus hat bei seiner Irlandreise für die zahlreichen Fälle sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch katholische Geistliche Abbitte geleistet. "Ich bitte um Vergebung des Herrn für diese Sünden, für den Skandal und den von so vielen Menschen in der Familie des Herrn empfundenen Verrat", sagte das katholische Kirchenoberhaupt am Sonntag im Marienwallfahrtsort Knock. Anlass für den Besuch des Papstes war das neunte katholische Weltfamilientreffen, das vergangene Woche in Dublin tagte. Franziskus reiste am Samstag dazu an und beendete seinen Aufenthalt am Sonntagnachmittag mit einer Messe im Dubliner Phoenix Park, zu der bis zu 500 000 Gäste erwartet wurden.

Die Reise wurde von einer Vielzahl von Missbrauchsvorwürfen gegen Priester der katholischen Kirche überschattet. Hunderte Priester sollen allein in Irland über Jahrzehnte Tausende Kinder missbraucht haben - und wurden dabei offenbar von der Kirchenführung gedeckt. Der Pontifex beklagte in Dublin, dass kirchliche Autoritäten versäumt hätten, "mit diesen abscheulichen Verbrechen angemessen umzugehen". Er mahnte aber auch, die positive Rolle der Kirche nicht zu vergessen: "Die Kirche in Irland hat in der Vergangenheit und in der Gegenwart eine Rolle bei der Förderung des Wohlergehens von Kindern gespielt, die nicht verdunkelt werden darf."

Irlands Regierungschef Leo Varadkar rief Franziskus dazu auf, für "Gerechtigkeit und Wahrheit" in der katholischen Kirche in seinem Land und weltweit zu sorgen. Den Worten müssten Taten folgen. Die Wunden seien noch immer offen. Viele Iren verlangen konkrete Schritte, um Missbrauch zu verhindern und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Der Papst traf am Samstag acht Missbrauchsopfer, darunter das ehemalige Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission, Marie Collins. Sie war im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben aus Frustration über mangelnde Kooperation der vatikanischen Behörden aus dem Gremium ausgetreten. Die Begegnung habe eineinhalb Stunden gedauert, erklärte Vatikansprecher Greg Burke. Weitere Details wurden nicht bekannt.

Für Aufsehen sorgten Vorwürfe, die der ehemalige Botschafter des Heiligen Stuhls in den USA, Carlo Maria Viganò, gegen ranghohe Mitglieder des Vatikans erhob. Von den häufigen Missbrauchsvergehen des früheren Washingtoner Erzbischofs Theodore McCarrick hätten sie seit dem Jahr 2000 gewusst, ihn aber dennoch zum Kardinal befördert. Dies schrieb Viganò in einem Brief, der am Sonntag auf der Website der katholischen Zeitung The National Catholic Register veröffentlicht wurde.

Der letzte Papst, der Irland besuchte, war vor fast 40 Jahren Johannes Paul II. Damals war die katholische Kirche dort noch weitgehend unumstritten. Das ist nun anders. 2015 führte Irland als erstes Land per Volksentscheid die Homo-Ehe ein. Premier Varadkar, der sich zu seiner Beziehung mit einem Mann bekennt, sagte vor Kurzem, er sei froh, dass die katholische Kirche nicht mehr so viel Einfluss in Irland habe.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4105139
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.08.2018 / DPA, KNA, AP
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.