Süddeutsche Zeitung

Katholische Kirche:"Als Institution nicht mehr attraktiv"

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Die Kirche will jungen Menschen näherkommen. Über das Wie sind sich Jugendbischof und Jugendvertreter uneins.

Von Matthias Drobinski, Ingolstadt

Mit ähnlichen Worten sehr Verschiedenes zu sagen, ist eine ziemlich katholische Kunst. "Wir wollen als kirchliche Jugendpastoral nah bei den jungen Menschen sein, ihre Nöte und Hoffnungen kennen", sagt Stefan Oster aus Passau, Jugendbischof der deutschen Bischofskonferenz. Diese Bischofskonferenz diskutiert gerade in Ingolstadt, wie die Jugend und die katholische Kirche wieder näher zueinanderkommen könnten - das wird auch Thema der von Papst Franziskus einberufenen Bischofssynode im Rom im Oktober sein.

Diese Kirche soll sich "an der Lebenswirklichkeit junger Menschen" orientieren, sagt Thomas Andonie, der Vorsitzende des Bundes der deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), dem Dachverband der katholischen Jugendverbände mit insgesamt 660 000 Mitgliedern. "Dass wir als junge Generation miteinbezogen werden, finde ich entscheidend", ergänzt Magdalena Hartmann von der Schönstatt-Jugend. Das klingt alles naheliegend und einleuchtend.

Dann aber gehen die Vorstellungen der drei vorne auf dem Podium im Ingolstädter NH-Hotel, wo die Bischöfe tagen, doch schnell auseinander. Magdalena Hartmann wünscht eine stärkere "Verbindung von Glauben und Alltagsleben", denn "für viele junge Menschen scheint die Kirche als Institution nicht mehr attraktiv, weil sie alt und verstaubt" sei. Thomas Andonie fordert ein "Ja zu jedem Menschen in der Kirche", auch zu Homosexuellen, und eine offene Debatte "über den Zugang von Frauen zur Weihe" - und überhaupt sollten in Rom genauso viele Jugendliche wie Bischöfe auf der Synode vertreten sein. Bischof Oster dagegen möchte "die Berufung zum Christsein jedes einzelnen Menschen" zur Grundlage der Jugendarbeit machen. Vergangenen Mai schon hatten sich der konservative Jugendbischof und die reformerischen Jugendvertreter auf der Hauptversammlung des BDKJ ordentlich gefetzt; Oster hatte ihnen vorgeworfen, sie gäben sich mit einer "Lightversion des Evangeliums" zufrieden. Persönlich komme man gut miteinander zurecht, betonen Oster und Andonie, auch wenn man verschieden denke.

Es werden jedenfalls sehr unterschiedliche Persönlichkeiten die deutsche Bischofskonferenz bei den Versammlungen in Rom in diesem Jahr vertreten, auf denen es um die Frage geht, wie die katholische Kirche Jugendliche begeistern - und auch für geistliche Berufe gewinnen will.

Magdalena Hartmann und Thomas Andonie werden für die deutsche Bischofskonferenz zu einer Vorsynode vom 19. bis 24. März fahren, wo 300 Delegierte aus allen Kontinenten unter den Augen des Papstes diskutieren werden. Die Ergebnisse sollen dann irgendwie in die eigentliche Bischofssynode einfließen, die sich dann im Oktober trifft. So wie die Ergebnisse einer weltweiten Online-Umfrage, aus der rund 100 000 Fragebogen komplett ausgefüllt nach Rom gekommen sind; die Hälfte der Teilnehmer sei zwischen 16 und 19 Jahre alt gewesen, heißt es.

Für die Synode im Oktober haben die Bischöfe in Ingolstadt eine Dreier-Delegation bestimmt: Bischof Oster als Jugendbischof, dann Felix Genn aus Münster, der in der Bischofskonferenz für die geistlichen Berufe zuständig ist, schließlich der Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe, der lange Jungendseelsorger war. Dass die drei im Sinne des BDKJ-Vorsitzenden losstürmen, um die katholische Kirche durchzuschütteln und zu verändern, ist eher nicht zu erwarten: Oster und Genn stehen jenen charismatisch inspirierten Jugendbewegungen nahe, denen es mehr aufs Gebets- und Glaubensleben in der kleinen Gruppe ankommt und weniger darauf, an den immer gleichen Konfliktfragen wie Zölibat, Homosexualität, Frauenpriestertum und Sexualmoral herumzudiskutieren. Die Frage, ob die katholische Kirche den Zölibat lockern sollte, um in Ausnahmen verheirateten Männern die Weihe zu ermöglichen, sei doch gar nicht so wichtig und mehr ein Medienthema, sagt Bischof Genn, "wer weiß, ob sie überhaupt eine Rolle spielt in Rom".

In einem Punkt sind sich der BDKJ-Vorsitzende und der Jugendbischof aber doch einig: Auch Oster fände es gut, wenn im Herbst in Rom auf jeden dort versammelten Kardinal oder Bischof ein junger Mensch käme, der von seinem Leben erzählen könnte. Das allerdings wird garantiert nicht passieren.

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Quelle:
SZ vom 21.02.2018
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