Süddeutsche Zeitung

Karteileichen-Affäre:Lötzsch: "Rufmord-Kampage" gegen Ernst

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Nach der Aufregung um Klaus Ernsts Porsche und Gehälter werden dem Linken-Chef nun gefälschte Mitgliederzahlen vorgeworfen. Die Parteispitze hält zu ihm - und bezichtigt seine Gegner des Rufmords.

Nach heftigen Angriffen aus der bayerischen Linken gegen Parteichef Klaus Ernst will der Bundesvorstand für Ordnung in dem Landesverband sorgen: Das Spitzengremium beauftragte am Montag Bundesgeschäftsführer Werner Dreibus, für eine Beilegung des Streits über angebliche Manipulationen von Mitgliederzahlen in Bayern zu sorgen.

Ziel sei es, in dem Landesverband "zu solchen Verhältnissen zu kommen, wie sie einer Partei wie der Linken würdig sind", sagte Parteichefin Gesine Lötzsch. Der Bundesvorstand reagiert damit auf Äußerungen des bayerischen Schatzmeisters Ulrich Voß, der seiner Partei "schwerste Regel- und Satzungsbrüche" vorwarf. Nach seinen Angaben sollen einige Kreisverbände ihre Mitgliederzahlen künstlich nach oben getrieben haben, um auf Parteitagen mehr Delegierte stellen zu können. Nutznießer sei Parteichef Ernst bei seiner äußerst knappen Nominierung zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2009 gewesen.

"Wir stehen hinter ihm"

Ernst hatte die Vorwürfe bereits am Wochenende zurückgewiesen, die Berliner Linken-Spitze bezichtigte Voß am Montag des Rufmords. Lötzsch stärkte ihrem Co-Vorsitzenden demonstrativ den Rücken: "Wir stehen hinter ihm." Die Parteichefin schloss rechtliche Schritte des bayerischen Landesvorstands gegen den Schatzmeister nicht aus.

Voß habe bislang die Kommunikation verweigert, sagte Lötzsch und sprach von einer "unschönen Situation". Sie kündigte an, dass Bundesgeschäftsführer Werner Dreibus das Gespräch mit Voß suchen und mit dem Landesverband Bayern "die weiteren Schritte" besprechen wolle. Lötzsch nahm Ernst in Schutz: Er sei auf dem Parteitag im Mai mit großer Mehrheit zum Vorsitzenden gewählt worden und habe die Unterstützung des geschäftsführenden Parteivorstands. Der Vorstand habe analysiert, dass die Vorwürfe des Schatzmeisters dazu genutzt werden sollen, Ernst zu schaden. Dies werde aber nicht gelingen, sagte Lötzsch.

Genaue Angaben zu den Mitgliederkarteien in Bayern konnte die Parteichefin nicht machen. Sie sagte lediglich, dass die Mitgliederkarteien regelmäßig von den Kreis- und Landesverbänden gesichtet würden. Nach den Angaben von Voß haben im vergangenen Jahr von 3200 Mitgliedern der Linken in Bayern nur 2340 ihre Beiträge bezahlt. Säumige Zahler werden bei der Linkspartei im Normalfall nach einem halben Jahr gemahnt und bei anhaltender Zahlungsverweigerung ausgeschlossen. Die bayerische Landeschefin Eva Mendl nahm an der Sitzung des geschäftsführenden Bundesvorstands in Berlin teil. Sie hatte Voß bereits am Wochenende zum Rücktritt aufgefordert.

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