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Kandidatur in Vermont:Transgender-Frau gewinnt Gouverneurs-Vorwahlen

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Von Beate Wild, Austin

Die Wähler im US-Bundesstaat Vermont haben am Dienstag Geschichte geschrieben. Bei den Vorwahlen der Demokraten für das Amt des Gouverneurs stimmten 40,3 Prozent für Christine Hallquist. Die Kandidatin könnte damit die erste Transgender-Frau an der Spitze eines US-Bundesstaates werden. Ein wahrlich historischer Einschnitt, der für die LGBTQ-Szene in den USA mehr als symbolische Bedeutung hätte.

Doch schon Hallquists Sieg bei den Vorwahlen ist ein Meilenstein. Und er passt perfekt zum Wahljahr 2018, in dem nicht nur rekordverdächtig viele Frauen ins Rennen gehen, sondern auch Kandidaten, die sich als lesbisch, schwul oder transgender identifizieren.

"Das wird historisch für die gesamte Nation", sagte Hallquist dem TV-Sender CBSN. "Ich bin stolz, die Person zu sein, die dem Land helfen kann, seinen moralischen Kompass zu erweitern." Vermont sei schon immer ein Vorbild in Sachen Bürgerrechte gewesen, so Hallquist weiter. "Wir haben eines der besten Gesetze des Landes, um Transgender zu schützen. Es ist ein Staat, der mich wirklich mit offenen Armen aufgenommen hat." In der Washington Post betonte Hallquist jedoch, dass für ihre Wähler ihr politisches Programm entscheidend gewesen sei. Die 62-Jährige vollzog ihre Geschlechtsanpassung vom Mann zur Frau im Jahr 2015.

Transgender-Kandidaten gebe es in der Politik erst seit ein paar Jahren, sagte Annise Parker, Geschäftsführerin des Victory Fund, zur New York Times. Mit ihrer Organisation unterstützt sie Homosexuelle und Transgender, die für ein politisches Amt kandidieren wollen. "Jetzt auf einmal wird es Routine, dass Transgender-Kandidaten antreten und gewinnen", so Parker. Bei den Zwischenwahlen in diesem Jahr kandidieren landesweit an die 400 Transgender-Kandidaten. Im Juni war die bekannte Whistleblowerin und Transgender-Frau Chelsea Manning bei den Vorwahlen für den US-Senat in Maryland angetreten, hatte diese aber verloren.

"Politische Depression" nach dem Wahlsieg von Trump

Die Demokratin Hallquist war vor ihrem Einstieg in die Politik Managerin eines Energie-Unternehmens. Bei ihrem progressiven Wahlkampf konzentrierte sie sich auf die wirtschaftliche Entwicklung des ländlichen Vermont. So wolle sie etwa jedem den Zugang zum Internet ermöglichen, sagte sie. Auf dem Land in den USA sei eine schnelle Glasfaserverbindung noch keine Selbstverständlichkeit, obwohl das gerade für Geschäftsleute eine wichtige Voraussetzung sei. Außerdem setzt sie sich dafür ein, dass alle US-Bürger eine Krankenversicherung bekommen.

Ihre Motivation zu kandidieren erklärt Hallquist mit dem Wahlsieg von Donald Trump. "Am 8. November 2016 habe ich realisiert, dass sich die Welt geändert hat", erzählte sie dem Guardian. Sie sei in eine Art "politische Depression" verfallen und habe eine Menge Tränen vergossen. Ein paar Monate später habe sie sich entschieden, politisch aktiv zu werden und selbst für ein Amt anzutreten.

Um neue Gouverneurin von Vermont zu werden, müsste Hallquist aber erst einmal den republikanischen Amtsinhaber Phil Scott besiegen. Der parteiunabhängige Cook Political Report wertet den Gouverneursposten in Vermont jedoch als "sicher" für die Republikaner. Seit 1962 haben die Vermonter noch nie ein amtierendes Oberhaupt ihres Bundesstaates abgewählt.

Trotzdem könnte Hallquist eine Chance haben. Nach dem Sieg bei den Vorwahlen ist ihr nicht nur landesweite Aufmerksamkeit sicher. Vermutlich regnet es bei einer derart historischen Kandidatur auch großzügige Spenden aus dem demokratischen Lager.

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