Süddeutsche Zeitung

US-Kongress:Jon Stewart bezeichnet Umgang mit 9/11-Ersthelfern als "Schande"

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Von Fabian Swidrak

Als Jon Stewart seine Rede beendet hat, stehen die Menschen im Saal auf und applaudieren. Es war ein emotionaler Appell, den der Komiker und ehemalige TV-Moderator an die Abgeordneten im Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses gerichtet hat, und mit der er sie dazu aufforderte, finanzielle Unterstützung für diejenigen sicherzustellen, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 als Ersthelfer im Einsatz gewesen und dadurch selbst zu Opfern geworden waren.

Tausende Bauarbeiter, Polizisten und Feuerwehrleute waren damals im Einsatz - oftmals ohne richtigen Atemschutz. Viele von ihnen haben bis heute mit den gesundheitlichen Folgen zu kämpfen, leiden an Krebs oder Atemwegserkrankungen. Ein 2001 eingerichteter Hilfsfonds wurde zuletzt 2015 verlängert. Damals bewilligte der Kongress Mittel in Höhe von 7,3 Milliarden US-Dollar. Im kommenden Jahr wird der Fonds erneut erschöpft sein. Bereits Anfang des Jahres kündigte der Verwalter deshalb an, die Leistungen um 50 bis 70 Prozent zu kürzen.

Stewart, der sich seit seiner Abkehr vom Fernsehen 2015 für die Gesundheitsversorgung der Ersthelfer einsetzt, war am Dienstag mit zahlreichen Betroffenen nach Washington gereist, um für eine schnelle Verlängerung der staatlichen Unterstützung zu kämpfen.

Zahlreiche Abgeordnete waren jedoch gar nicht erst zur Anhörung erschienen. "Dieser Raum ist eine unglaubliche Metapher für den gesamten Prozess", begann Stewart daher sein Statement. "Hinter mir ein voll besetzter Raum mit Ersthelfern vom 11. September. Und vor mir ein fast leerer Kongress. Krank und sterbend brachten sie sich hierher, aber es ist niemand da, um ihnen zuzuhören." Das Verhalten der Abgeordneten bezeichnete er als "eine Schande für das Land und eine Schande für dieses Parlament".

"Ihre Gleichgültigkeit hat sie das wertvollste Gut gekostet: Zeit"

Mindestens 20 000 Menschen haben seit 2001 finanzielle Unterstützung durch den Hilfsfonds beantragt, die Zahl der berechtigten Personen steigt noch immer. Im Januar veröffentlichte Daten zeigen neben einem Anstieg der Krebserkrankungen unter den Ersthelfern von damals auch einen starken Anstieg der Todesfälle in den vergangenen Jahren. "Ihre Gleichgültigkeit hat diese Männer und Frauen das wertvollste Gut gekostet", sagte Stewart. "Zeit. Es ist das Einzige, was ihnen ausgeht."

Stewart wurde während seiner Rede immer wieder laut. "Es tut mir leid, wenn ich wütend und undiplomatisch klinge, aber ich bin wütend", sagte er. "Diese Menschen haben ihren Job gemacht, mit Mut, Anmut, Hartnäckigkeit und Bescheidenheit. Achtzehn Jahre später, machen Sie Ihren!"

Neben Stewart kamen mehrere Ersthelfer und Hinterbliebene zu Wort. Der Abgeordnete Mike Johnson entgegnete Stewart, der Gesetzentwurf werde von beiden Parteien unterstützt und vermutlich mit überwältigender Mehrheit gebilligt. Es sei nicht die Absicht der Abgeordneten gewesen, respektlos zu erscheinen.

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