Süddeutsche Zeitung

Italien:"Eine Zukunft für die Arbeit"

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Gewerkschaften fordern einen radikalen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik der Regierung. In Rom versammelten sich 200 000 Menschen. Sie sprechen sich für massive öffentliche und private Investitionen aus.

Von Ulrike Sauer, Rom

Fast sechs Jahre sind vergangen, seit die drei großen italienischen Gewerkschaftsbünde das letzte Mal zu einer gemeinsamen Demonstration gegen die Regierung aufgerufen haben. Nun gingen in Rom am Samstag 200 000 Menschen auf die Straße, um von der populistischen Koalition aus Cinque Stelle und Lega eine Änderung ihrer Wirtschaftspolitik zu fordern. "Verlassen Sie die virtuelle Welt und heben Sie die Blockade der Baustellen auf", rief Annamaria Furlan, die Chefin der katholischen Gewerkschaft Cisl. "Italien war endlich wieder auf die Beine gekommen und nun sind wir in die Rezession zurückgefallen", sagte Furlan auf der vollen Piazza San Giovanni in Rom.

Die Gewerkschaften werfen der Regierung vor, in einem Moment der globalen wirtschaftlichen Abkühlung die Investitionen zurückgefahren und große Infrastrukturprojekte gestoppt zu haben. Die Koalition habe Bauvorhaben im Wert von 80 Milliarden Euro blockiert und damit 400 000 Arbeitsplätze gefährdet, monierte Furlan. "Diese Investitionsblockade muss sofort aufgehoben werden, denn ohne Wachstum gibt es keine Arbeit und keine Würde", sagte Furlan. Allein aus dem Veneto reisten 40 Busse an. Viele der Demonstranten aus dem wohlhabenden Nordosten hätten bei den Wahlen im vergangenen März Lega gewählt. Sie seien nun aber besorgt. "Das ist eine Demonstration für den Bau von Infrastrukturen, um unsere Unternehmen wettbewerbsfähig zu machen", sagte Cisl-Mann Gianfranco Refosco.

Unter dem Motto "Eine Zukunft für die Arbeit" verlangten die Gewerkschaften einen radikalen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik. Sie übten Kritik an den beiden wichtigsten sozialpolitischen Maßnahmen der Regierung, der Einführung der Frührente und des Grundeinkommens für Arbeitsuchende. "Das Bürgergeld muss geändert werden, denn es betreibt Konfusion zwischen der Armutsbekämpfung und einer aktiven Beschäftigungspolitik", sagte am Samstag Maurizio Landini, Chef der linken CGIL.

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SZ vom 11.02.2019
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