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Israel:Verteidigungsminister Galant ruft zu Stopp von Justizreform auf

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In einer Ansprache warnt der Minister, das Vorhaben gefährde die Sicherheit des Landes. Er spricht von "Zorn, Schmerz und Enttäuschung in einer Intensität, wie ich sie noch nie erlebt habe" in den Reihen der israelischen Armee.

Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant hat die eigene Regierung zum Stopp der umstrittenen Justizreform aufgerufen. "Wir müssen den Prozess stoppen, um einen Dialog aufzunehmen", sagte Galant in einer überraschend angesetzten Ansprache.

Er sprach von einem Zeitrahmen bis zum israelischen Unabhängigkeitstag am 26. April. Die nationale Sicherheit werde sonst schweren Schaden nehmen. Er habe in den vergangenen Wochen beunruhigende Äußerungen von Kommandeuren der Armee gehört. Galant sprach von "Zorn, Schmerz und Enttäuschung in einer Intensität, wie ich sie noch nie erlebt habe". Galant gehört wie Netanjahu der Likud-Partei an. Polizeiminister Itamar Ben-Gwir, der Netanjahus rechtsextremem Koalitionspartner Otzma Jehudit angehört, forderte den Regierungschef zur Entlassung Galants auf.

Der Verteidigungsminister bezog sich in seiner Rede auf zahlreiche Fälle von Reservisten, die aus Protest gegen die Justizreform nicht zum Dienst erschienen. "Wir müssen jede Form von Befehlsverweigerung stoppen", forderte er. Auch die Massendemonstrationen müssten aufhören, um einen Dialog von Gegnern und Befürwortern der Reform zu ermöglichen. Ach er unterstütze zwar eine Reform der Justiz. Doch sei dafür ein breiter Konsens notwendig. "Die Bedrohungen um uns herum sind groß", mahnte Galant. Damit bezog er sich auf den Dauerkonflikt mit den Palästinensern und das iranische Atomprogramm.

Die rechts-religiöse Koalition um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will Kernelemente der Reform in den nächsten Tagen umsetzen. Sie wirft dem Höchsten Gericht übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Dem Parlament soll es deshalb künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Zudem soll die Zusammensetzung des Gremiums zur Ernennung von Richtern geändert werden. Die Regierung sagt als Begründung, Richter hätten sich in die Politik eingemischt.

Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen vor einer Staatskrise. Seit drei Monaten gibt es immer wieder Massenproteste. Am Samstagabend versammelten sich Medienberichten zufolge und nach Angaben der Veranstalter landesweit mehr als 630 000 Demonstranten, allein in der Küstenmetropole Tel Aviv sollen es wieder annährend 200 000 gewesen sein. Wegen Blockaden auf Autobahnen setzten Sicherheitskräfte Wasserwerfer ein.

Am Donnerstag hatte Netanjahu Galant bereits zu einem Gespräch einbestellt. Danach hatte Gallant erklärt, er habe den Regierungschef über die Auswirkungen der Reform auf die nationale Sicherheit informiert. Netanjahu hatte nach dem Gespräch erklärt, er sei entschlossen, mit der Reform fortzufahren.

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