Süddeutsche Zeitung

Iran:Sondersitzung im Parlament

Lesezeit: 2 min

Wegen der Demonstrationen treten die Abgeordneten nun zusammen.

Der UN-Sicherheitsrat hat sich in der Einschätzung der Lage in Iran gespalten gezeigt. Bei einer Sondersitzung auf Antrag der USA wurde am Freitagabend in New York kein Beschluss gefasst. Die iranischen Revolutionsgarden, die dem konservativen Obersten Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei unterstehen, erklärten unterdessen die jüngste Protestwelle im Land für beendet.

Im UN-Sicherheitsrat warf Russland den USA vor, das Gremium zu missbrauchen. Die Demonstrationen in Iran seien eine interne Angelegenheit des Landes. Bei Protesten gegen das iranische Regime waren Berichten zufolge in den vergangenen Tagen mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen. US-Botschafterin Nikki Haley verteidigte die Einberufung des Sicherheitsrats. Sie lobte den Mut der Demonstranten und warnte die iranische Regierung: "Die Welt beobachtet genau, was Sie tun."

Vertreter europäischer Länder im Sicherheitsrat riefen zu einem umsichtigen Vorgehen auf, um eine Eskalation der Gewalt zu verhindern. Ein Vertreter der UN kündigte an, weiter den Kontakt mit der iranischen Regierung zu suchen und die legitimen Anliegen friedlicher Demonstranten anzusprechen. Dabei bezog er sich auch auf Aussagen des iranischen Präsidenten Hassan Rohani, wonach die Bevölkerung ein Recht auf friedliche Proteste habe. Der iranische Außenminister Dschawad Sarif sprach nach der Sitzung auf Twitter von einem gescheiterten Versuch der USA, den Sicherheitsrat für ihre Zwecke zu nutzen. So habe sich die Mehrheit der Mitglieder für die Umsetzung des Atomabkommens mit Iran ausgesprochen. Mit ihrer Drohung, den Vertrag einseitig aufzukündigen, sind die USA international isoliert.

Die iranische Führung macht Israel und die USA für die Proteste verantwortlich

Die iranischen Revolutionsgarden erklärten am Sonntag die Protestwelle für beendet. Die Nation und ihre Sicherheitskräfte hätten den Unruhen ein Ende gesetzt, hieß es in einer Erklärung auf der Internetseite der Revolutionsgarden. Darin wird den USA, Israel und Saudi-Arabien Schuld an den Unruhen zugewiesen sowie einer Oppositionsgruppe im Exil und Unterstützern der 1979 gestürzten Monarchie.

Nach einer Sondersitzung des Parlaments in Teheran am Sonntag forderte Parlamentspräsident Ali Laridschani von den Behörden eine lückenlose Aufklärung auch zum Vorgehen gegen Demonstranten. "Wir wollen nicht, dass die Rechte von Menschen nur deshalb verletzt werden, weil sie Kritik äußern", sagte sein Sprecher. Falls es bei den Verhaftungen Fehler gegeben haben sollte, müssten diese umgehend korrigiert werden. Schon am Nachmittag wurden Dutzende Demonstranten aus der Haft entlassen. Teherans Staatsanwaltschaft gab bekannt, dass 70 Demonstranten freigelassen worden seien.

Die Proteste richteten sich gegen Missstände wie die hohe Arbeitslosigkeit und hohe Lebenshaltungskosten, aber auch gegen die Außenpolitik der Regierung in Teheran und das klerikale Herrschaftssystem. Vor allem in den Provinzen fühlen sich die Menschen übergangen. Es waren die größten Proteste seit dem umstrittenen Ausgang der Präsidentenwahl 2009. Viele Politiker geben zu, dass der Unmut der Demonstranten vielfach berechtigt ist. Konservative wie Reformer riefen Präsident Hassan Rohani auf, Forderungen der Demonstranten beim Staatshaushalt zu berücksichtigen. Vor allem die geplante Kürzung der Subventionen für Lebensmittel und Benzin verärgerte die Bevölkerung.

Irans Führung mobilisiert zudem ihre Anhänger weiter zu Großkundgebungen. Wie das Staatsfernsehen berichtete, gab es am Sonntag erneut Demonstrationen in mehreren Städten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3816360
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 08.01.2018 / epd, afp, ap
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.