Süddeutsche Zeitung

Irak:Sicherheitskräfte gehen gegen Proteste vor

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Nach monatelangen Protesten gegen die Regierung im Irak haben Sicherheitskräfte erneut mit Gewalt versucht, die Versammlungen aufzulösen. Dabei kam es in der Hauptstadt Bagdad und in anderen Städten zu Zusammenstößen mit Demonstranten, wie Augenzeugen und irakische Medien berichteten. Im Zentrum Bagdads gingen Spezialkräfte gegen Protestlager vor, um Plätze, Straßen und Brücken wieder zu öffnen, hieß es weiter. Die Einheiten hätten auch Protestzelte angezündet.

Augenzeugen berichteten, in Bagdad seien mindestens 30 Menschen durch Tränengas verletzt worden. Unbestätigten Angaben zufolge sollen in der weiter südlich gelegenen Stadt Nassirija drei Menschen ums Leben gekommen sein. Der irakische TV-Sender Al Sharqia sprach von einem bislang beispiellosen Vorgehen der Sicherheitskräfte.

In Bagdad und im Süden des Iraks kommt es seit Oktober immer wieder zu Protesten gegen die Regierung, Misswirtschaft und die weit verbreitete Korruption. Der vom Parlament gewählten Menschenrechtskommission zufolge wurden dabei mehr als 460 Menschen getötet und mehr als 20 000 verletzt. Menschenrechtler werfen den Sicherheitskräften einen unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt vor.

Im Irak sind etwa 5000 US-Soldaten im Einsatz

Augenzeugenberichten zufolge haben sich die Anhänger des einflussreichen schiitischen Predigers Muktada al-Sadr auf dessen Geheiß von den Demonstrationen zurückgezogen und ihre Protestlager aufgelöst. Al-Sadrs Anhänger hatten die Proteste in den vergangenen Wochen unterstützt. Demonstranten zeigten sich enttäuscht und warfen dem Geistlichen "Verrat" vor.

Al-Sadr gehört zu den wichtigsten Politikern des Landes. Bei der Parlamentswahl 2018 hatte sein Block die meisten Stimmen gewonnen. Der populistische Prediger kritisierte in den vergangenen Monaten immer wieder die Korruption und verlangte politische Reformen.

Am Freitag hatten Zehntausende Anhänger al-Sadrs bei einem Massenprotest in Bagdad den Abzug der US-Truppen aus dem Irak gefordert. Zuletzt hatte das irakische Parlament beschlossen, dass alle ausländischen Truppen das Land verlassen müssten. Es reagierte damit auf die Tötung des iranischen Generals Qassim Soleimani bei einem US-Raketenangriff in Bagdad.

Im Irak sind etwa 5000 US-Soldaten im Einsatz. Sie waren unter anderem entsendet worden, um das irakische Militär im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat zu unterstützen.

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