Süddeutsche Zeitung

Irak:Regierungschef Abdul Mahdi kündigt Rücktritt an

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Nach den wochenlangen Protesten gegen die Regierung im Irak hat Ministerpräsident Adil Abdul Mahdi seinen Rücktritt angekündigt. Damit wolle er verhindern, dass das Land in weitere Gewalt und Chaos abgleite, teilte Abdul Mahdi am Freitag mit. Das irakische Parlament muss jetzt über das Rücktrittsgesuch des Regierungschefs abstimmen. Der schiitische Politiker war erst vor etwas mehr als einem Jahr nach monatelangem Ringen der stärksten Parteien ins Amt gewählt worden.

Der höchste schiitische Geistliche des Landes, Großajatollah Ali al-Sistani, hatte das Parlament zuvor in seiner Freitagspredigt aufgerufen, die Wahl der Regierung zu überdenken. Am Donnerstag hatte bereits der einflussreiche schiitische Geistliche Muktada al-Sadr den Rücktritt der von ihm mitgewählten Regierung gefordert. Sein Block hatte bei der Wahl im Mai 2018 die meisten Mandate gewonnen.

Die Demonstrationen gegen die politische Elite des Landes und die weit verbreitete Korruption waren Anfang Oktober ausgebrochen. Es handelt sich um die größte Protestwelle seit dem Sturz von Langzeitherrscher Saddam Hussein im Jahr 2003. Dabei kamen bisher mehr als 350 Menschen ums Leben. Die Demonstranten forderten den Rücktritt der Regierung und ein neues politisches System.

Trotz Reformversprechen gelang es Abdul Mahdi nicht, die Lage zu beruhigen. Der Irak hatte am Donnerstag einen der blutigsten Tage seit Ausbruch der Proteste gegen die Regierung Anfang Oktober erlebt. Augenzeugen zufolge kamen seit Mittwochabend bei schweren Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten mindestens 47 Menschen ums Leben. Mehr als 500 wurden demnach verletzt. Bei den allermeisten Todesopfern handelt es sich um Demonstranten.

In den vergangenen Tagen wurde befürchtet, die Sicherheitskräfte könnten die Proteste wie im benachbarten Iran niederschlagen und die Gewalt auf diese Weise noch mehr eskalieren. Die Regierung in Bagdad steht unter starkem Einfluss Irans, die Revolutionsgarden kontrollieren de facto Teile des Sicherheitsapparates und mehrere mächtige Milizen, die nur auf dem Papier Bagdad unterstellt sind.

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