Süddeutsche Zeitung

Integrationsgesetz geplant:Merkel: Flüchtlinge fordern und fördern

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Die große Koalition verständigt sich auf ein umfangreiches Regelwerk zum Umgang mit Zuwanderern.

Von Robert Roßmann, Berlin

Deutschland bekommt zum ersten Mal ein eigenes Integrationsgesetz. Nach monatelangen Auseinandersetzungen hat sich die große Koalition auf Eckpunkte für ein solches Regelwerk verständigt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Donnerstag, das Gesetz werde auf dem Prinzip "Fordern und Fördern" basieren. Ein wichtiges Ziel sei es, möglichst viele Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das Gesetz könne der "erste große Schritt hin zu einem modernen Einwanderungsgesetz" werden, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Die Koalition wolle keine "zwangsassimilierten, ängstlichen Integrationssimulanten". Integration sei anstrengend, doch "wer zu uns gehören will, wird nun bessere Möglichkeiten haben".

Die Eckpunkte sehen vor, dass anerkannten Asylbewerbern "zur Vermeidung von sozialen Brennpunkten" ein bestimmter Wohnsitz zugewiesen werden kann. Flüchtlingen, die Integrationsmaßnahmen ablehnen, sollen Leistungen gekürzt werden können. Es gibt aber auch Erleichterungen: So sollen Flüchtlinge einfacher als bisher eine Arbeit aufnehmen können. Bislang dürfen Asylbewerber und Geduldete eine Stelle nur dann besetzen, wenn es keine einheimischen Bewerber gibt. Diese Vorrangprüfung soll für drei Jahre abgeschafft werden. Asylbewerber dürfen dann auch als Zeitarbeiter beschäftigt werden.

Der Inhalt des geplanten Integrationsgesetzes soll am 22. April mit den Ministerpräsidenten besprochen und auf der Klausurtagung des Kabinetts in Meseberg gut einen Monat später beschlossen werden.

Die Spitzen von Union und SPD hatten sich in der Nacht zum Donnerstag im Kanzleramt getroffen, um über die vielen in der Regierung strittigen Themen zu beraten. In dem siebenstündigen Gespräch verständigten sie sich auch auf einen "Maßnahmenkatalog" zur Terrorabwehr. Anlass dafür waren die Anschläge von Paris und Brüssel. Die Koalition will jetzt die Ermittlungsbefugnisse der Bundespolizei verbessern. Verdeckte Ermittler sollen bereits zur Gefahrenabwehr zum Einsatz kommen können. Außerdem will Deutschland enger mit befreundeten Staaten und deren Nachrichtendiensten zusammenarbeiten. Einen Einsatz der Bundeswehr im Innern, wie ihn viele Unionspolitiker fordern, lehnte Gabriel am Donnerstag aber erneut ab.

Die Runde im Kanzleramt verständigte sich auch darauf, dass der bisher von der CSU blockierte Gesetzentwurf zur stärkeren Kontrolle von Leiharbeit und Werkverträgen ins parlamentarische Verfahren gehen darf. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) kann ihren Entwurf deshalb jetzt in die Abstimmung mit den anderen Ressorts geben. Der Streit ist damit aber noch nicht beendet. CSU-Chef Horst Seehofer sagte, bei der Leiharbeit seien noch "einige Punkte diskussionsbedürftig". Bevor das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschließe, würden die Spitzen der Koalition deshalb noch einmal darüber beraten. Die CSU hatte sich dieses "Sicherungsnetz" ausbedungen.

Im Streit um die Erbschaftsteuer, um die Bund-Länder-Finanzen, um die Kaufprämie für Elektro-Autos und um die Zukunft der Rente gab es dagegen noch keine Verständigung.

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Quelle:
SZ vom 15.04.2016
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