Süddeutsche Zeitung

Horst Herold:Heribert Prantl zum 95. Geburtstag des RAF-Fahnders

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Von 1971 bis 1981 war er Chef des Bundeskriminalamtes und hat das "Profiling" erfunden. In seine aktive Zeit fiel der Terror der RAF. Am Sonntag feierte Horst Herold 95. Geburtstag.

Von Heribert Prantl, München

Dieser alte Herr trägt Geschichten und Geschichte mit sich, die jeden "Tatort"-Kommissar wie einen Langweiler aussehen lassen. Er war der Kommissar der Kommissare, er war der Chef des Bundeskriminalamts, er hat es aufgebaut, er hat aus der Kriminalklitsche in Wiesbaden eine weltberühmte Kriminalbehörde gemacht.

Er war, von 1971 bis 1981, der oberste Fahnder gegen die RAF. Er hat die Rasterfahndung und das polizeiliche Suchsystem Inpol entwickelt und die Analysen, die man heute "Profiling" nennt. Er war ein genialer und höchst erfolgreicher Polizist und Kriminalist, er hat die erste und zweite Generation der RAF-Terroristen ins Gefängnis gebracht. Eine von ihm nicht verschuldete Fahndungspanne, die ihn seitdem quält, vereitelte, dass Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer entdeckt und befreit werden konnte.

Seine Nachfolger hat Horst Herold mit öffentlichen Ratschlägen verschont, auch wenn die Erfolglosigkeit der Fahndungen ihn umtrieb - seit 1985 wurde kein RAF-Mord mehr aufgeklärt. Herolds Nach-Nachfolger gestand, man habe die RAF "vom Radarschim verloren". Aber Herold kritisierte nicht, er äußerte sich lange gar nicht, und später nur ganz selten in der Öffentlichkeit - und dann sehr loyal: Seine Nachfolger hätten es eben viel, viel schwieriger als er; die Terroristen hätten gelernt.

Mit Herold hätte man ganze Ringvorlesungen bestreiten können. Er hätte über die exzessive Repression nachgedacht, mit welcher der Staat in den frühen Siebzigerjahren auf die keimende Gewalt reagiert hat. Herold ist ein Kriminalphilosoph: Seine Tage in seinem Alterssitz in Nürnberg verbringt er mit dem Nachdenken darüber, wie Terrorismus entsteht und vergeht. Am Sonntag hatte er seinen 95. Geburtstag - er feiert ihn frischen Geistes, aber ungeduldig mit den Gebrechen des Alters.

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Quelle:
SZ vom 22.10.2018
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