Süddeutsche Zeitung

Sicherheitsgesetz:US-Regierung verurteilt Festnahmen und Anklagen in Hongkong

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47 prodemokratische Aktivisten wurden unter Anwendung des neuen Sicherheitsgesetzes angeklagt. Unter ihnen ist auch Joshua Wong. US-Außenminister Blinken fordert die sofortige Freilassung.

Die Polizei von Hongkong hat Dutzende Oppositionsaktivisten, darunter Joshua Wong, angeklagt, weil sie gegen das nationale Sicherheitsgesetz verstoßen haben sollen. Es ist die bislang umfassendste Anwendung des im vergangenen Jahr neu auferlegten Gesetzes. Peking plant, die Kontrolle über die ehemalige britische Kolonie weiter zu verschärfen.

Von 55 prodemokratischen Oppositionellen, die im Januar festgenommen worden waren, wurden 47 am Sonntag angeklagt. Die ehemaligen Abgeordneten und Aktivisten wurden festgenommen und sollen am Montag vor Gericht erscheinen, teilte die Polizei in einer Erklärung mit. Einige waren gebeten worden, sich am Sonntag, mehr als einen Monat früher als geplant, bei der Polizei zu melden.

Der Gruppe war bereits im Januar festgenommen und später wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Ihr wird vorgeworfen, im vergangenen Jahr vor der später wegen der Pandemie abgesagten Wahl zum Legislativrat, dem Hongkonger Parlament, angeblich illegale Vorwahlen abgehalten zu haben. Die Beschuldigten hätten damit Staatsgefährdung begangen und gegen das Ende Juni eingeführte Sicherheitsgesetz verstoßen. Das demokratische Lager hatte die Vorwahlen im vergangenen Juli mit dem Ziel organisiert, Kandidaten auszuwählen, die einen möglichst großen Rückhalt in der Bevölkerung genießen. Etwa 600 000 Hongkonger hatten sich an den Wahlen beteiligt.

Auch der prominente Aktivist Joshua Wong ist nun erstmals nach dem nationalen Sicherheitsgesetz angeklagt worden. Wong, der im vergangenen Jahr noch vor dem US-Kongress sprach, befindet sich bereits in Haft. Er verbüßt ​​eine mehr als einjährige Haftstrafe, die im Dezember wegen einer gesonderten Anklage im Zusammenhang mit einem Protest im Jahr 2019 verhängt worden war. Auch die Aktivisten Leung Kwok Hung und Jimmy Sham sowie der frühere Abgeordnete Alvin Yeung wurden jetzt ihren jeweiligen Facebook-Seiten zufolge angeklagt.

Strafen bis hin zu lebenslanger Haft möglich

Nachdem eine historische Welle von Demokratieprotesten im Jahr 2019 Hongkong monatelang erfasst hatte, verschärfte Peking seine Kontrolle über das asiatische Finanzzentrum. Das nationale Sicherheitsgesetz sieht je nach Schwere der Tat bis zu lebenslange Haftstrafen vor.

Fast 100 Personen wurden bereits unter Anwendung dieses Gesetzes festgenommen, bislang hatten die Staatsanwälte aber nur gegen zehn von ihnen Anklage erhoben. Der prominenteste Angeklagte ist der Medienmogul Jimmy Lai, dem die Kaution verweigert wurde und der auf ein Gerichtsverfahren wartet.

USA fordern sofortige Freilassung

Die US-Regierung hat die neuen Festnahmen und Anklagen scharf kritisiert. Außenminister Antony Blinken teilte am Sonntagabend (Ortszeit) auf Twitter mit, die USA forderten die sofortige Freilassung der Betroffenen: "Politische Partizipation und freie Meinungsäußerung sollten keine Verbrechen sein. Die USA stehen an der Seite der Menschen in Hongkong."

Am Freitag wird Chinas Nationaler Volkskongress seine jährliche Sitzung in Peking beginnen. Laut Carrie Lam, Regierungschefin der chinesischen Sonderverwaltungszone, könnten bei der diesjährigen Sitzung Reformen des Wahlsystems in Hongkong beschlossen werden, die Peking noch mehr Kontrolle verleihen.

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