Süddeutsche Zeitung

Hambacher Forst:Rabbatz im Revier

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Proteste gegen den Tagebau Hambach: Braunkohle-Gegner besetzen Bahngleise, Autobahnen werden gesperrt.

Tausende Menschen haben am Wochenende im Rheinischen Revier gegen den weiteren Abbau von Braunkohle protestiert und den Tagebaubetrieb gestört - trotz eines großen Polizeiaufgebots. So setzten sich etwa 2500 junge Menschen nach Polizeiangaben auf die Schienen der Transportbahn, die Kohle aus dem rheinischen Tagebau Hambach in die Kraftwerke bringt. Die Polizei begann erst am Sonntag, die besetzten Gleise zu räumen. Einige der Protestierenden hatten sich nach Angaben des Aktionsbündnisses Ende Gelände an den Schienen festgekettet, nachdem ein Großteil der Besetzer nach einer kalten Nacht die Gleise verlassen hatte.

Die Aktivisten wollten die Infrastruktur rund um den Tagebau Hambach lahmlegen. Weil einige von ihnen eine Polizeikette durchbrachen und über die Autobahn A4 liefen, wurde diese am Samstag mehrere Stunden gesperrt. Aus dem gleichen Grund wurde der Zugverkehr zwischen Düren und Aachen vorübergehend eingestellt. 18 Demonstranten besetzten außerdem einen Bagger im Tagebau Hambach. Den Bagger stellte RWE daraufhin aus Sicherheitsgründen ab. Der Energiekonzern kündigte an, Straftaten wie Hausfriedensbruch konsequent zur Anzeige zu bringen.

Die Leistung der nahegelegenen Kohlekraftwerke behinderten die Blockaden jedoch nicht. Man habe mit den Protesten gerechnet und die Bunker an den Kraftwerken entsprechend mit Kohlebeständen gefüllt, sagte ein RWE-Sprecher.

Eine Gruppe von 250 Leuten versuchte, in den Tagebau Inden einzudringen. Sie wurden von Einsatzkräften daran gehindert und in Gewahrsam genommen. Die Polizei setzte dabei nach Angaben eines Sprechers auch Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Ein offensichtlich erboster Bauer fuhr nach Polizeiangaben auf einem Acker mit seinem Traktor auf eine Gruppe von Aktivisten zu. Die Polizei stoppte ihn und nahm den Mann vorläufig fest. Gegen den Landwirt wird wegen versuchter Körperverletzung ermittelt.

Das Aktionsbündnis Ende Gelände sprach von der bisher größten "Massenaktion zivilen Ungehorsams der Klimagerechtigkeitsbewegung" mit 6500 Teilnehmern. Verbände wie Robin Wood, Naturfreunde Deutschland und das Kampagnennetzwerk Campact hatten in Kerpen-Buir am Hambacher Forst zu einer Solidaritätskundgebung mit den Aktivisten aufgerufen. Es kamen 3000 Teilnehmer, das waren weniger als erwartet.

Der Ausstieg aus der Nutzung von Kohle soll nach Vorstellung der Kohlekommission ohne Entlassungen vollzogen werden. Das sagte Ronald Pofalla, einer der Vorsitzenden der Kommission, dem WDR-Magazin "Westpol". Die Kommission habe entschieden, dass es wegen des Endes des Kohleabbaus keine betriebsbedingten Kündigungen geben solle. Die Kommission soll unter anderem einen Zeitplan für den Kohleausstieg empfehlen.

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SZ vom 29.10.2018 / dpa
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