Süddeutsche Zeitung

Gerichtsurteil:Attentäter von Halle zu sieben Jahren Haft wegen Geiselnahme verurteilt

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Der 32-Jährige hatte im Gefängnis Bedienstete als Geiseln genommen, um in die Freiheit zu gelangen. Der Plan scheiterte.

Der Attentäter von Halle ist wegen Geiselnahme im Gefängnis Burg zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden. Er habe sich der Geiselnahme, des unerlaubten Führens und des Herstellens einer Schusswaffe schuldig gemacht, entschied das Landgericht Stendal am Dienstag. Zudem muss der 32-Jährige an zwei Justizvollzugsbedienstete, die er in seine Gewalt brachte, Schmerzensgeld und an einen von ihnen Verdienstausfall zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte eine neunjährige Haftstrafe für den 32-Jährigen gefordert sowie eine anschließende Sicherungsverwahrung. Der Verteidiger verzichtete in seinem Plädoyer darauf, ein Strafmaß zu fordern, die Tat stehe nach der Beweisaufnahme fest.

Der Angeklagte hatte zum Prozessauftakt gestanden, am 12. Dezember 2022 mit einer selbst gebastelten Waffe Gefängnisbedienstete als Geiseln genommen zu haben, um in die Freiheit zu gelangen. Der Plan scheiterte. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg klagte ihn wegen Geiselnahme und Verstoßes gegen das Waffengesetz an.

Stephan B. verbüßt bereits die Höchststrafe. Praktische Auswirkungen wird das neue Urteil daher zunächst nicht haben. Wegen des rassistischen und antisemitischen Anschlags von Halle wurde er im Dezember 2020 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Zudem wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Damit wäre ohnehin offen, wann er seine Haftstrafe abgesessen hat und in die komfortablere Sicherungsverwahrung wechseln könnte.

Am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, hatte B. versucht, die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Als es ihm nicht gelang, ermordete er nahe der Synagoge zwei Menschen.

Prozess fand unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen statt

Der inzwischen 32 Jahre alte Attentäter gilt als extremes Sicherheitsrisiko für andere und für sich selbst. Deshalb fand der jüngste Prozess wieder unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen in Magdeburg statt. Hinter dem Angeklagten saßen stets vier maskierte Spezialkräfte der Justiz in voller Schutzausrüstung; der Zuschauerbereich war durch Sicherheitsglas abgetrennt. Aus Sicht des psychiatrischen Gutachters Norbert Leygraf sind von B. weitere schwere Straftaten bis hin zu Tötungsdelikten zu erwarten, sollte er die Gelegenheit dazu haben.

B. hat seit der Geiselnahme in verschiedenen Gefängnissen gesessen. Kurz nach der Tat war er aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg ins bayerische Augsburg ausgeflogen worden, im Juni 2023 wurde er in die JVA Wolfenbüttel verlegt. Kurz vor Beginn des Prozesses wurde der 32-Jährige wieder nach Sachsen-Anhalt gebracht, in die Jugendanstalt Raßnitz. Von dort aus wurde er zu den vier Verhandlungstagen nach Magdeburg geflogen.

Im Gefängnis sollen sich bei B. stille Phasen, in denen er nicht spricht und sich kaum bewegt, abwechseln mit plötzlichen Ausbrüchen. Es soll so gut wie keine Kommunikation zwischen dem Gefangenen und den Bediensteten des Strafvollzugs, Psychiatern, Sozialarbeitern und Ärzten geben. Er gilt als nicht behandlungsfähig und nicht behandlungsbereit.

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