Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Boris Johnson wird britischer Premier

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Die Konservativen haben den Brexit-Hardliner in einer Urwahl zum neuen Parteichef bestimmt.Damit wird er auch Regierungschef. Nun will er den EU-Austritt schaffen, notfalls auch ohne Vertrag.

Von Björn Finke, London

Boris Johnson wird britischer Premierminister: 66 Prozent der Mitglieder der Konservativen Partei, der Tories, stimmten für ihn als neuen Partei- und Regierungschef, 34 Prozent für seinen Rivalen Jeremy Hunt. Das gab die Partei am Dienstag in London bekannt. Die bisherige Premierministerin Theresa May wird an diesem Mittwoch nach ihrer wöchentlichen Fragestunde im Parlament zum Buckingham Palace fahren und Königin Elizabeth II. über ihren Rücktritt informieren. Direkt danach wird die Queen Johnson zu Mays Nachfolger ernennen, bevor der 55-Jährige in seinem Amtssitz 10 Downing Street empfangen wird.

Johnson versprach während des Wahlkampfes, die EU zu Änderungen beim umstrittenen Austrittsabkommen zu bewegen. Hat das keinen Erfolg, will er das Königreich am Brexit-Termin 31. Oktober zur Not auch ohne geltendes Abkommen aus der EU führen. Eine weitere Verschiebung schließt er aus. Ursprünglich sollten die Briten die Union schon Ende März verlassen. Bei einem ungeregelten Brexit ohne Vertrag würden Zölle und Zollkontrollen eingeführt; an den Häfen drohten Chaos und Staus. Die EU lehnt es aber bislang ab, das Austrittsabkommen wieder aufzuschnüren, auf das sich London und Brüssel nach langen Verhandlungen geeinigt haben.

In seiner Siegesrede sagte Johnson, das Mantra seiner Kampagne sei: "Schaffe den Brexit, einige das Land und schlage Jeremy Corbyn", den Chef der Oppositionspartei Labour. "Und genau das werden wir tun", versprach der Konservative.

May war drei Jahre lang Premierministerin. Sie kündigte Ende Mai ihren Rücktritt an, nachdem sie für das Austrittsabkommen dreimal keine Mehrheit im Parlament gefunden hatte. Das mehrstufige Auswahlverfahren für einen Nachfolger dauerte sechs Wochen. Am Ende durften 160 000 wahlberechtigte Mitglieder der Konservativen per Briefwahl entscheiden, ob Johnson oder Außenminister Hunt Partei und Regierung führen sollen.

Es wird erwartet, dass Johnson bereits am Mittwochabend die wichtigsten Minister ernennt. Am Donnerstag soll er im Parlament reden. Am gleichen Tag verabschieden sich die Abgeordneten in die Sommerpause, aus der sie am 3. September zurückkehren. Mehrere Minister kündigten schon ihren Rücktritt an, weil sie einen Brexit ohne Vertrag ablehnen und nicht unter Johnson dienen wollen. Der neue Premier versprach ohnehin, im Kabinett ausschließlich Politiker zu dulden, die seinen Brexit-Kurs zuverlässig unterstützen.

Scheitern die Gespräche mit Brüssel und steuert Johnson tatsächlich eine ungeregelte Trennung an, wird er aber im Parlament auf harten Widerstand stoßen. Die Konservativen und ihre Partner, die nordirische Regionalpartei DUP, verfügen nur über eine Mehrheit von drei Sitzen, und neben der Opposition wollen auch zahlreiche Tory-Abgeordnete einen schädlichen Chaos-Brexit verhindern.

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Quelle:
SZ vom 24.07.2019
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