Süddeutsche Zeitung

Getötete 16-jährige Israelin:Israel will hart gegen jüdische Extremisten vorgehen

Lesezeit: 2 min

Trauernde Israelis gedenken getöteter 16-Jähriger

In Israel haben Hunderte Menschen der 16-Jährigen gedacht, die nach einer Messerattacke bei einer Schwulen- und Lesbenparade in Jerusalem gestorben ist. An mehreren Orten versammelten sich am Sonntagabend Trauernde und zündeten Kerzen an. Ein ultraorthodoxer Jude hatte bei der Parade am Donnerstag sechs Menschen niedergestochen, darunter die 16-Jährige. Sie erlag am Sonntag ihren schweren Verletzungen.

Netanjahu schreibt von "abscheulichem Mörder"

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach der Familie des Opfers sein Beileid aus. "Wir werden nicht zulassen, dass dieser abscheuliche Mörder die grundlegenden Werte der israelischen Gesellschaft untergräbt", heißt es in seinem Kondolenzschreiben.

Bei einer Kabinettssitzung am Sonntag kündigte der Regierungschef eine Politik der "null Toleranz" gegen Hassverbrechen an. "Wir sind entschlossen, mit aller Kraft gegen das Phänomen des Hasses, des Fanatismus und des Terrorismus von jeglicher Seite anzukämpfen", sagte er.

Verwaltungshaft auf jüdische Ultranationalisten ausgedehnt

Verteidigungsminister Mosche Jaalon genehmigte am Sonntag die bislang nur gegen Palästinenser angewandte sogenannte Verwaltungshaft auch für jüdische Ultranationalisten. Diese ermöglicht es, Verdächtige ohne Anklage praktisch uneingeschränkt festzuhalten.

Der Täter hatte seine Tat angekündigt

Der Angreifer, Jischai Schlissel, hatte bereits im Jahr 2005 die Jerusalemer Gay Pride angegriffen und drei Menschen verletzt. Er verbüßte deswegen eine zehnjährige Haftstrafe und war gerade erst wieder freigekommen. Unmittelbar vor seinem neuerlichen Angriff verbreitete er homophobe Äußerungen in israelischen Medien.

Der Vorfall sowie der Brandanschlag mutmaßlicher jüdischer Siedler im palästinensischen Dorf Duma bei Nablus löste eine heftige Debatte darüber aus, ob jüdische Ultrarechte von der Justiz zu nachgiebig behandelt würden. Im Mai hatte die israelische Nichtregierungsorganisation Jesch Din Zahlen veröffentlicht, wonach mehr als 85 Prozent palästinensischer Klagen gegen Siedlerangriffe zu den Akten gelegt werden.

Anschlag auf Familie im Westjordanland

Bei dem Brandanschlag im israelisch besetzten Westjordanland war in der Nacht zum Freitag der eineinhalbjährige Ali getötet worden, seine Familiengehörigen wurden lebensgefährlich verletzt. Die Tat wird extremistischen jüdischen Siedlern zugeschrieben. Festnahmen gab es bislang allerdings nicht. Der Brandanschlag zog gewaltsame Proteste von Palästinensern mit weiteren Todesopfern nach sich. Bei Zusammenstößen mit der israelischen Armee wurde etwa am Freitagabend ein junger Palästinenser im Westjordanland angeschossen, er starb später im Krankenhaus.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den schweren Brandanschlag in aller Schärfe. Die für diesen "Terrorakt" Verantwortlichen müssten umgehend zur Rechenschaft gezogen werden. Auch die israelische Regierung verurteilte das Attentat und versprach umfassende Ermittlungen. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte eine "Null Toleranz"-Politik an.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wies seinen Außenminister an, wegen des Anschlags Beschwerde beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag einzureichen. Die Autonomiebehörde erklärte, nur wenig Hoffnung in eine israelische Regierung zu setzen, an der die nationalistische und religiöse Rechte sowie Anhänger des Siedlungsbaus beteiligt sind.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2592960
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
dpa/AFP
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.