Süddeutsche Zeitung

Getöter Polizist von Trèbes:"Ich wusste gleich, dass er es sein musste"

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Die Mutter des ermordeten französischen Polizisten Arnaud Beltrame hat zu Toleranz aufgerufen. "Arnaud hätte nicht gewollt, dass wir aufgeben", sagte Nicolle Beltrame dem Rundfunksender RTL. "Es wird sehr schwer, ohne ihn zu leben", sagte Beltrame, die eine enge Beziehung zu ihrem Sohn hatte. "Ich bin hier, um ihn zu ehren", fuhr sie fort, "damit diese Tat irgendeinen Sinn hat, damit wir ein bisschen menschlicher, ein bisschen toleranter sind".

Ein 25-Jähriger hatte am Freitag bei mehreren Angriffen in der Region Carcassonne insgesamt vier Menschen getötet. In einem Supermarkt im kleinen Ort Trèbes nahm er Geiseln. Der Polizist Beltrame ließ sich gegen eine Geisel austauschen und rief vom Supermarkt aus heimlich die Einsatzleitung an. Sein Telefon ließ er mit einer offenen Verbindung auf einem Tisch liegen. So konnten die Einsatzkräfte hören, was sich im Supermarkt abspielte. Als Schüsse fielen, schritten sie ein. Spezialkräfte der Gendarmerie erschossen den Attentäter. Beltrame erlag nach der Geiselnahme seinen schweren Verletzungen. In Frankreich wird er inzwischen als Held gefeiert.

Beltrames Mutter sagte, sie sei "absolut nicht überrascht" über die Tat ihres Sohnes. "Ich war einkaufen. Als ich von einem verletzten Oberst hörte, wusste ich gleich, dass er es sein musste." Sie habe bei der Gendarmerie angerufen "und die konnten das nur bestätigen". Ihr Sohn wäre im April 45 Jahre alt geworden. Sie beschrieb ihn als einen außergewöhnlich selbstlosen Menschen, dem neben der Familie auch der Katholizismus und besonders das Vaterland wichtig gewesen sei.

Die Lebensgefährtin war der Polizei bekannt

Dem Attentäter gegenüber empfinde sie keinen Hass, sagte Beltrames Mutter. "Ich empfinde Gleichgültigkeit und die allergrößte Form der Verachtung." Sie bat darum, nicht über den mutmaßlichen Täter zu sprechen und auch keine Fotos von ihm zu zeigen. "Wir sollten die Fotos von Helden zeigen, nicht von Killern und Monstern." Der Politiker Stéphane Poussier wurde wegen seiner Reaktion auf Beltrames Tod verhaftet. Er schrieb auf Twitter: "Immer wenn ein Polizist erschossen wird (...), denke ich an meinen Freund Rémi Fraisse."

Der Umweltaktivist Fraisse war 2014 bei Protesten gegen ein Staudammprojekt im Süden Frankreichs von einer Tränengasgranate der Polizei getötet worden. Poussier fügte hinzu, diesmal sei es ein Polizeioberst gewesen. "Großartig!" Und zusätzlich bedeute das: "Ein Wähler für Macron weniger." Poussier, erfolgloser Kandidat der Linkspartei La France Insoumise bei der Parlamentswahl 2016, wurde am Sonntag in Dives-sur-Mer in der Normandie in Gewahrsam genommen, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Die Lebensgefährtin des mutmaßlichen Attentäters war der Polizei, wie auch er selbst, als radikalisiert bekannt. Wie aus Justizkreisen verlautete, befand sich die 18-Jährige am Montag zur Vernehmung weiter in Polizeigewahrsam. Dies galt auch für einen 17-jährigen Freund des Attentäters.

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