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Österreich und Corona:Der Streit ums "Freitesten" hat begonnen

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Nur mit Corona-Test ins Theater oder ins Restaurant? Die Opposition in Wien verweigert den Plänen von Kanzler Kurz die Zustimmung.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Die Oppositionsparteien im österreichischen Parlament haben angekündigt, den Plänen der Regierung für das sogenannte Freitesten nicht zuzustimmen. Die Koalition aus ÖVP und Grünen plant derzeit, nach dem Lockdown, also von 18. Januar an, den Zugang etwa zu Restaurants und Kulturveranstaltungen nur jenen zu gestatten, die einen aktuellen Corona-Test vorlegen können. Kanzler Sebastian Kurz hatte diese Maßnahme bereits vor Weihnachten angekündigt. Schon seit Wochen schwelt allerdings ein innenpolitischer Streit über die Umsetzung; Hotels hatten gesagt, sie seien keine "Ersatzpolizisten", die Polizei wollte nur stichprobenartige Kontrollen durchführen.

Zudem ist die Opposition stark verstimmt darüber, dass das entsprechende Gesetz erst an Silvester eingebracht worden war und die Begutachtungsfrist bereits am 3. Januar auslief. Dies sei, hieß es, eine Missachtung des Parlaments. Neos, SPÖ und FPÖ planen, dem Gesetz nicht nur im Parlament die Zustimmung zu verweigern, wo sie überstimmt werden können, sondern auch im Bundesrat. Damit würde dessen Inkrafttreten über den 18. Januar hinaus verzögert.

Die Novelle soll es eigentlich ermöglichen, dass Personen mit einem negativen Test sowie diejenigen, die bereits in den vergangenen drei Monaten an Covid-19 erkrankt waren, für eine Woche nach dem Lockdown von Ausgangsbeschränkungen ausgenommen werden. Details - etwa wie lange die Tests jeweils anerkannt werden, ob es Ausnahmeregelungen geben soll und wer den Zutritt zu Restaurants oder Theatern kontrollieren wird, sollen aber erst über Verordnungen geregelt werden.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sagte auf einer Pressekonferenz am Sonntag, das Gesetz brauche es "in dieser Form nicht". Rendi-Wagner fordert schon seit Langem Schnelltests für zu Hause und am Arbeitsplatz. Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker sagte, man wolle Gesundheitsminister Rudi Anschober "keine Verordnungsermächtigung" mehr geben. Loacker beklagte, dass die Regierung immer wieder übers Ziel hinausschieße und Verordnungen vorlege, die nicht verfassungsgemäß seien oder korrigiert werden müssten.

Am Sonntag waren in Österreich etwa 1500 Neuinfektionen gemeldet worden; die Zahlen sind nach allgemeiner Ansicht immer noch zu hoch, um das öffentliche Leben hochzufahren. Kurz hatte in einem Interview kurz vor Silvester erläutert, wie er sich das Freitesten als Bedingung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben vorgestellt hatte: Wer eine Kulturveranstaltung besuchen wolle, hätte neben dem Ticket auch einen negativen Corona-Test vorzeigen müssen. In Hotels sollte zusätzlich zum Reisepass oder zum Meldezettel ein Test verlangt werden, der nicht älter als 48 Stunden ist. In der Gastronomie hätte er älter sein dürfen. Wie es nun angesichts der Blockade durch die Opposition weitergeht und ob der Lockdown eventuell verlängert wird, ist unklar.

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