Süddeutsche Zeitung

Fotoreportage:Gipfel des Chaos

Als coole Weltstadt sollte sich Hamburg den Gästen des G-20-Gipfels präsentieren. Stattdessen ging es beinahe zu wie in einem Bürgerkrieg, und die Republik ist entsetzt.

Von Thomas Hahn

Vor dem Gipfel war es, als schreie die halbe Stadt: "No G 20!" Zumindest nahe der Messe, dem Zentrum des G-20-Gipfels, in den linksbürgerlichen Stadtteilen St. Pauli, Karo- und Schanzenviertel prangte die Botschaft auf Plakaten und Wänden: Das Treffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer war nicht erwünscht hier, in unmittelbarer Nachbarschaft zum kapitalismusfeindlichen Subkulturzentrum Rote Flora. Gleichzeitig stellte die Polizei die Wasserwerfer vor, mit denen sie beim Gipfel für Ordnung sorgen wollte. SPD-Bürgermeister Olaf Scholz sagte: "Es wird Leute geben, die sich am 9. Juli wundern werden, dass der Gipfel schon vorbei ist."

Und dann? Der Gipfel begann. Die Staatsleute verhandelten inmitten einer 38 Quadratkilometer großen Zone, in der die Versammlungsfreiheit per Allgemeinverfügung aufgelöst war. Gleichzeitig verrichtete ein schwarzer Block aus angereisten Linksextremen und Trittbrettfahrern sein zerstörerisches Werk. Plünderer zogen durch die Straßen, Autos brannten, Scheiben splitterten. 31 000 Einsatzkräfte, modernstes Gerät und eine Strategie der Strenge hatten die Sicherheit der Gipfel-Teilnehmer gewährleistet, nicht aber die Sicherheit der Normalbürger. Die hohen Gäste um US-Präsident Donald Trump schlossen ihre Minimalkompromisse und flogen ab. Zurück blieb eine verwundete Stadtgesellschaft. Die Polizei lässt Kritik abperlen, obwohl ihr Vorgehen mal übertrieben hart wirkte, mal seltsam zurückhaltend. Konservative forderten eine neue Härte gegen Linksextreme. Es gibt harte Gerichtsurteile gegen überführte Randalierer. Bürgermeister Scholz sitzt trotz seiner Fehleinschätzung alle Vorwürfe aus. Der Staat hat jedenfalls viel Vertrauen verloren durch die sture Art, mit der er den mächtigen G-20-Gipfel in die Enge der Stadt Hamburg setzte. Thomas Hahn

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SZ vom 27.11.2017
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