Süddeutsche Zeitung

Flüchtlingspolitik:So adelt man den Mob

Ein Demokrat greift keine rechtsextremen Parolen auf.

Von Detlef Esslinger

Sollen die Kinder von Asylbewerbern aus "sicheren Herkunftsländern" nicht mehr in die Schule dürfen - zumindest so lange nicht, wie über den Asylantrag ihrer Familie nicht entschieden ist? Das hat Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein gefordert. Der ständige Wechsel von Kindern, die ausreisen und neu dazukommen, überfordere Schulen und Schüler. Was von dem Argument zu halten ist, sollen Fachleute erörtern. Jedoch entwertet es sich durch die Begründung des OB: Er wolle "kein weiteres Heidenau". Sagt der Mann, der zugleich Vorsitzender der Thüringer SPD ist.

In Heidenau hat ein rechtsextremer Mob den Ort gekapert, Asylbewerber bedroht und Polizisten angegriffen. Einem solchen Mob stellen sich hoffentlich so viele Demokraten wie möglich entgegen; ganz bestimmt aber greifen Demokraten dessen Parolen nicht auch noch auf. Kinder nicht einschulen, damit es "kein weiteres Heidenau" gibt? Hätte die NPD sicher nicht gedacht, dass Demokraten aus Angst vor ihr auf Einfälle kommen, auf die sie bisher nicht einmal selbst kam.

Vom Fraktionschef der AfD in Brandenburg, Alexander Gauland, stammt eine ähnliche Formulierung. Wären "die Bürger" einbezogen worden, ließen sich "Reaktionen" wie in Nauen verhindern. Er meint also, es seien "Bürger", die Feuer legen. Vom Pegida-Fischer Gauland erwartet man nichts anderes mehr. Aber von einem SPD-Landesvorsitzenden?

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Quelle:
SZ vom 27.08.2015
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