Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge:Marokko will abgelehnte Asylbewerber schneller zurücknehmen

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Von Nico Fried, Rabat

Deutschland und Marokko wollen bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber intensiver zusammenarbeiten. Darauf verständigte sich Innenminister Thomas de Maizière bei Gesprächen mit der marokkanischen Regierung in Rabat zum Auftakt einer zweitägigen Reise in die Maghreb-Staaten.

Zunächst soll vor allem die Abschiebung von marokkanischen Migranten beschleunigt werden, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, offenbar häufig mithilfe der Behauptung, sie seien syrische Staatsbürger. De Maizière bekräftigte zudem die Absicht, Marokko zu einem sicheren Herkunftsland zu erklären, was die Asylverfahren deutlich beschleunigen würde.

In Deutschland muss dieser Entscheidung neben dem Bundestag auch noch der Bundesrat zustimmen, wo die schwarz-rote Koalition jedoch auf Unterstützung der Grünen angewiesen ist. Deutschland und Marokko wollen außerdem in Sicherheitsfragen enger zusammenarbeiten, unter anderem bei der Terrorismusbekämpfung. Für ein entsprechendes Abkommen müssten nur noch Details geklärt werden, so de Maizière.

Migration aus den Maghreb-Staaten hat deutlich zugenommen

Marokkaner, wie auch Algerier und Tunesier, waren nach der Silvesternacht von Köln in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten. An den sexuellen Übergriffen gegen Frauen und zahlreichen Diebstählen sollen vor allem T äter aus dem nordafrikanischen Staaten beteiligt gewesen sein. Zudem hat die Migration aus Marokko, Algerien und Tunesien nach Deutschland deutlich zugenommen. Während des Winters lagen zum Beispiel die Zahlen der Marokkaner zwischen 1500 und 3000 vorwiegend jungen Männern pro Monat. Insgesamt sind seit 2015 etwa 10 000 Marokkaner nach Deutschland eingereist, wobei viele sich offenbar zunächst als Syrer ausgeben, um ihre Bleibechancen zu verbessern.

Die Regierung habe zugesagt, auf Anfragen deutscher Behörden zur Identifizierung mutmaßlich marokkanischer Staatsbürger künftig binnen 45 Tagen zu antworten, sagte de Maizière nach Treffen mit seinem Amtskollegen Mohamed Hassad und dem Minister für Auslandsmarokkaner und Migration, Anis Birou. Die Klärung soll über Fingerabdrücke erfolgen, Marokko verfüge dazu über eine "vorzügliche Datenbank", sagte de Maizière. Zudem sollen von marokkanischer Seite die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente in einem weniger komplizierten Verfahren als bisher ausgestellt werden.

Kritik an Menschenrechtssituation in Maghreb-Staaten

De Maziere sprach nach eigenen Angaben auch die Kritik an der Menschenrechtspolitik an, deretwegen die Opposition in Deutschland, aber auch Amnesty international eine Einstufung als sicheres Herkunftsland ablehnen. Er habe darauf hingewiesen, dass sich der Begriff der Sicherheit auch auf den Schutz vor Repressalien und Folter beziehe, so der Minister. Dies sei ihm von marokkanischer Seite zugesagt worden.

Die Anerkennungsquote marokkanischer Asylbewerber lag zuletzt bei knapp vier Prozent und damit über den Anerkennungsquoten von Flüchtlingen aus den Balkanstaaten, die zuletzt als sichere Herkunftsstaaten deklariert worden waren. Laut Amnesty international sind in Marokko unter anderem die Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt, Geständnisse in Gerichtsverfahren würden erzwungen, in den Gefängnissen komme es zu Misshandlungen.

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