Süddeutsche Zeitung

Lobbyismus:Scholz bleibt lieber undurchsichtig

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Der Verein Finanzwende hat das Finanzministerium verklagt, weil es sich weigert, alle Treffen von Minister Olaf Scholz mit Lobbyisten transparent zu machen.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Der Politiker Olaf Scholz ist kein Anhänger des Austeritätsprinzips - außer, wenn es um Informationen geht. Eine leicht ins geizige tendierende Sparsamkeit ist bei dem angehenden Kanzler von der SPD stets dann zu spüren, wenn er eigene Erinnerungen preisgeben soll, oder einfach mehr Transparenz schaffen.

Man hat den Sozialdemokraten erlebt als wortkargen Bundesfinanzminister beim Untersuchungsausschuss zum Betrugsskandal des Ex-Dax-Konzerns Wirecard im Bundestag. Oder als früheren Ersten Bürgermeister Hamburgs, der sich in einem U-Ausschuss nicht genau an Treffen mit einem Top-Banker erinnern konnte, obwohl der mutmaßlich in den massiven Steuerbetrug verwickelt war, der als Cum-Ex-Skandal bekannt ist. Der neueste Fall der scholzigen Sparsamkeit hat dem Minister nun eine Klage eingebracht.

Der Verein Finanzwende hat das Finanzministerium verklagt. Er will nicht hinnehmen, dass das Haus sich weigert, alle Treffen des Ministers mit Lobbyisten transparent zu machen. Finanzwende hatte das Ministerium im Juni angefragt, alle Kontakte des Ministers mit Unternehmen der Finanzbranche und aus Verbänden offenzulegen. "Vor dem Hintergrund der Skandale um Wirecard und CumEx wissen wir, wie gefährlich solche Gespräche zwischen Finanzunternehmen und Politik sein können. Mit unserer Anfrage wollten wir darüber hinaus möglichen Erinnerungslücken vorbeugen", sagte Gerhard Schick, Gründer und Geschäftsführer der Finanzwende, der Süddeutschen Zeitung. Schick hatte als Bundestagsabgeordneter der Grünen jahrelang gegen den Einfluss der Finanzlobby auf die Politik gekämpft, im Jahr 2018 hatte er sein Mandat freiwillig niedergelegt, um Finanzwende zu gründen.

Das Ministerium hatte die Anfrage des Vereins abgelehnt. In einem sechs Seiten umfassenden Schreiben vom 8. Juli 2021 werden auch Formfehler als Grund angeführt, zudem sei der Antrag "zu unbestimmt" gestellt. Der Personenkreis müsse eingegrenzt werden, andernfalls könne eine Recherche aller Termine mit allen Menschen wohl das Ministerium lahmlegen.

Finanzwende will sich damit nicht zufriedengeben. Ziel der Klage sei es, sagt Schick, das Ministerium zur Herausgabe der Informationen zu zwingen. Der Verein beruft sich auf das Informationsfreiheitsgesetz.

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