Süddeutsche Zeitung

Filmkunst:Willkommen im Weltkino

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Der Blick in Venedig ging gerne in die Ferne - und nicht nur nach Amerika. Früh schon wurde das asiatische Kino entdeckt.

Von Fritz Göttler

Konkurrenz ist die Seele der großen europäischen Filmfestivals, der sogenannten A-Festivals vor allem. Die besten Filme des Jahres sollen sich hier zum Wettbewerb untereinander versammeln - um die begehrten goldenen Statuetten, die Palme, den Bären, den Löwen. Wettbewerb herrscht aber auch unter den Festivals selbst, unter denen von Cannes, Berlin und Venedig allemal - wer hat die meisten illustren Namen, die größten Stars, die souveränsten Regisseure, die aufregendsten Neulinge.

Venedig ist das älteste der großen Festivals, gegründet 1932; in den Kriegsjahren 1943 bis 1945 wurde dann ausgesetzt. Goebbels war ein früher Venedig-Fan - in den Dreißigern war der Zusammenhang von Kino und Glamour und Politik irgendwie selbstverständlich, und die Verbindungen zwischen der deutschen und der italienischen Filmindustrie waren sehr eng. Der Hauptpreis hieß damals Coppa Mussolini. Zu den Filmen, die ihn abholten, gehörten "Der Postmeister" von Gustav Ucicky mit Heinrich George, 1940, und "Olympia" von Leni Riefenstahl zwei Jahre zuvor.

In den vergangenen Jahren eröffneten drei US-Filme in Folge das Festival

Nach dem Krieg wurde dann der Goldene Löwe als Hauptpreis eingeführt. Und die Konkurrenz verschärfte sich, als 1946 das erste Festival von Cannes stattfand, das, damals noch im September, die gleiche Mischung aus Sommer und Lust auf Kino aufwies wie Venedig. Auch die Berlinale war einst ein Sommerfestival, bevor man sie in den tristen Februar vorverlegte, um vor Cannes dran zu sein.

Cannes hat, um seine Position als das internationale Top-Festival zu intensivieren, immer stark auf das amerikanische Kino gesetzt, hat mit spektakulären Events von George Lucas bis Pixar geprotzt. In Berlin und Venedig wurde dagegen vor allem das Kino aus dem Rest der Welt gepflegt. Wenn US-Filme in Venedig ausgezeichnet wurden, dann 1993 von Robert Altman "Short Cuts" oder "Brokeback Mountain" von Ang Lee, 2005, der eine Geschichte von zwei schwulen Cowboys erzählt. In den vergangenen drei Jahren wurden indes drei amerikanische Filme in Folge zur Eröffnung der Festspiele gezeigt, die dann später auch bei den Oscars abräumten.

Venedig war es auch, das zum ersten Mal den Blick aufs japanische Kino richtete, 1951 erhielt Akira Kurosawas "Rashomon" den Goldenen Löwen. In den Fünfzigern und Sechzigern gingen die Löwen dann vor allem ans europäische Kino, an die großen Regie-Autoren, Carl Theodor Dreyer, 1955 für "Ordet", Alain Resnais, 1961 für "Letztes Jahr in Marienbad", Luis Buñuel, 1967 für "Belle de Jour".

Auch beim jungen deutschen Kino war man in Venedig schneller als in Cannes. 1968 wurde Alexander Kluge ausgezeichnet für seinen zweiten Spielfilm "Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos", 1981 Margarethe von Trotta für "Die bleierne Zeit" - beide sind in den folgenden Jahrzehnten dem Festival verbunden geblieben. 1982 bekam Wim Wenders für "Der Stand der Dinge" den Goldenen Löwen. Er hatte zwar beim Konkurrenzfestival in Cannes mit "Im Lauf der Zeit" für Aufsehen gesorgt, aber erst 1984 erhielt er dort die Goldene Palme für "Paris, Texas". Sein neuester Film, "Submergence", mit Alicia Vikander und James McAvoy, läuft nun allerdings bei zwei Festivalrivalen zu Venedig, in San Sebastian und in Toronto.

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SZ vom 30.08.2017
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