Süddeutsche Zeitung

FDP:"Noch nichts erreicht"

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Trotz der Wahlerfolge in Hamburg und Bremen bleibt FDP-Chef Lindner vorsichtig. Beim Parteitag mahnte er erst einmal eindringlich zur Geschlossenheit.

Von Stefan Braun, Berlin

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat seine Partei davor gewarnt zu glauben, dass sich die FDP von der schwersten Krise ihrer Geschichte schon erholt habe. "Wir haben noch nichts erreicht", sagte Lindner zu Beginn eines dreitägigen Bundesparteitags in Berlin. "Wir haben eine erste Stabilität, mehr nicht", betonte der 36-Jährige nach den jüngsten Erfolgen bei den Landtagswahlen in Hamburg und Bremen. Lindner beschwor die Delegierten, sich nicht irgendwelchen Illusionen hinzugeben. Mit jedem weiteren Erfolg werde es wieder mehr Gegenwind und schärfere Attacken gegen die Partei geben. Wichtig werde es dann sein, dass jeder, der einzelne FDP-Politiker angreife, es mit der ganzen Partei zu tun bekomme. Viele Delegierte sahen das als eindringlichen Appell, an der zuletzt geübten Geschlossenheit nicht zu rütteln.

Die Delegierten beschlossen mit großer Mehrheit eine Änderung der Parteisatzung, mit der eine Sonderumlage möglich wird. Lindner hatte zuvor mit Verve für die aus Sicht der Führung dringend nötige Satzungsänderung geworben, mit der sie in den kommenden drei Jahren ihre finanzielle Basis für Wahlkämpfe sichern möchte. Nach der Wahlniederlage 2013 musste insbesondere die Bundespartei kräftige Einschnitte hinnehmen. Bei den jüngsten Landtagswahlen in Bremen und Hamburg hatte sie die Landesverbände trotzdem unterstützt. Das wäre aber, so ist zu hören, bei den nächsten Abstimmungen ohne eine Hilfe der Basis in den Ländern kaum mehr möglich. Lindner betonte deshalb, hier gehe es nicht nur um finanzielle Fragen, sondern um die Botschaft, dass die Partei angesichts der schwierigen Lage an einem Strang ziehe. Die Satzungsänderung hat zur Folge, dass die Kreisverbände in den Jahren 2015, 2016 und 2017 pro Mitglied jeweils 25 Euro in einen Fonds einbezahlen, aus dem dann die Landesverbände und die Bundespartei gemeinsam die kommenden Wahlkämpfe finanzieren wollen.

Bei rund 55 000 Mitgliedern wären das bis zum Jahr 2017 gut vier Millionen Euro. In seiner Auftaktrede reagierte Lindner indirekt noch einmal auf jene, die seinen Kurs für die Bundespartei in der Vergangenheit in Frage stellten oder durch einzelne Aktionen gefährdeten. Das gilt für Kritiker in den Ländern genauso wie für Mitglieder der aktuellen Parteiführung, die nach Entstehen der Pegida-Bewegung leise Sympathie für die Protestierer geäußert hatten. Zu ersteren zählte vor allem der sächsische Landeschef Holger Zastrow. Er hatte im Landtagswahlkampf 2014 einen betont Anti-Berlin-Wahlkampf geführt - und verloren. Nun soll Zastrow auch nach dem Willen Lindners als Stimme Ostdeutschlands ins FDP-Präsidium zurückkehren. Zugleich aber betonte Lindner, dass die aggressiven Streitereien der Vergangenheit sich nicht mehr wiederholen dürften. Er sei in der Vergangenheit belehrt worden, dass eine Führung auch von der Vielfalt lebe. "Aber für eine Partei ist der unversöhnlich ausgetragene Konflikt der Tod." Deshalb wolle er "nie wieder in einen solchen Zustand zurück".

Kaum weniger deutlich kritisierte der Parteichef all jene in der FDP, die mit Protestbewegungen wie Pegida sympathisierten. "Wir sind nicht einen Zentimeter den Euro-Hassern gefolgt, wir haben früher als andere den Ressentiments-geladenen Charakter von Pegida erkannt", sagte Lindner. Diese klare Linie wolle er nicht verlassen - ein Hinweis auch an den Vize-Parteichef Wolfgang Kubicki. Dieser hatte Anfang des Jahres mit einem Interview intern Kopfschütteln ausgelöst, weil er indirekt Verständnis für manche Thesen von Pegida geäußert hatte. Schärfste Kritik richtete er in diesem Zusammenhang auch gegen die AfD. Sie hänge einem "Führerprinzip" an, mit dem die FDP nichts zu tun haben wolle.

Am Abend standen zudem die Wahlen zur Parteiführung an. Lindner wurde mit 92,4 Prozent der abgegebenen Stimmen wiedergewählt, Parteivize Kubicki mit 94,2 Prozent im Amt bestätigt. Zu einer Kampfkandidatur kam es über einen weiteren Stellvertreterposten zwischen der Düsseldorfer Kommunalpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und dem bayrischen Landesvorsitzenden Albert Duin, die Strack-Zimmermann mit 52,2 Prozent für sich entschied. Neu zur Parteivizevorsitzenden gewählt wurde mit gut 85 Prozent der Stimmen die Hamburger Landeschefin Katja Suding.

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SZ vom 16.05.2015
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