Süddeutsche Zeitung

Extremisten:Familie Mao

34 Jahre führte er seine maoistische Splitterpartei, seine diktatorischen Idole hat er längst überholt. "Wir Marxisten-Leninisten kleben nicht an unseren Sesseln", sagt Stefan Engel jetzt. Der Parteivorsitz bleibt in der Familie.

Von Jan Bielicki

Josef Stalin war 31 Jahre Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Mao Zedong offiziell 33 Jahre Vorsitzender der KP Chinas. Stefan Engel sitzt der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands sogar seit 34 Jahren vor - aber anders als seine Idole möchte der 62-Jährige den Vorsitz offenbar nicht erst tot abgeben. "Wir Marxisten-Leninisten kleben nicht an unseren Sesseln, wie es die bürgerlichen Politiker machen", verkündete Engel nun den Beschluss des X. Parteitags zum "Generationswechsel in der Parteiführung".

Die MLPD sieht sich als "politische Vorhutorganisation der Arbeiterklasse", Vertreter des Klassenfeindes, also Außenstehende, bezeichnen sie als Politsekte mit Hang zur Verherrlichung diktatorischer Massenmörder. Ihr Ziel der "Gewinnung der entscheidenden Mehrheit der Arbeiterklasse" zur Errichtung einer Diktatur des Proletariats hat die Partei unter Engels Führung nicht ganz erreicht: Bei der Bundestagswahl 2013 folgten ihr 0,1 Prozent. Dafür ist sie bei Parteispenden oft oben: Anhänger gaben sechsstellige Summen für den Kampf gegen die kleinbürgerliche Denkweise.

Engels Nachfolgerin, vom Zentralkomitee einstimmig gewählt, wird die "revolutionäre Arbeiterin" Gabi Gärtner, zufällig Tochter der Ex-Frau und Stellvertreterin des Vorsitzenden. Erinnert an Nordkorea? Kann nicht sein, hat dieses Regime laut MLPD doch "revisionistischen Verrat" begangen.

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Quelle:
SZ vom 23.11.2016
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