Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Britischer EU-Botschafter tritt zurück

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Ivan Rogers, einer der erfahrensten EU-Experten Großbritanniens und seit 2013 Botschafter in Brüssel, ist überraschend zurückgetreten - noch vor Beginn der Brexit-Verhandlungen.

Von Christian Zaschke, London

Der ständige Vertreter Großbritanniens bei der Europäischen Union, Ivan Rogers, ist von seinem Posten zurückgetreten. Mehrere britische Medien berichten, dass er seine Mitarbeiter am Dienstag davon unterrichtet habe. Rogers hätte noch bis November im Amt bleiben sollen. Sein Rücktritt kommt überraschend.

Vor knapp einem Monat hatte Rogers für Aufsehen gesorgt, als er sagte, es könne zehn Jahre dauern, bis das Vereinigte Königreich nach dem Austritt aus der EU ein Handelsabkommen mit Brüssel schließe. Befürworter eines schnellen und klaren Bruchs mit der EU kritisierten den Diplomaten daraufhin zum Teil scharf. Die Daily Mail berichtete, es mehrten sich Stimmen, die forderten, Rogers durch einen weniger EU-freundlichen Beamten zu ersetzen. Die Regierung teilte damals mit, Rogers habe lediglich die Ansichten ausländischer Kollegen referiert und keine eigene Einschätzung abgegeben.

Rogers gilt als erfahrenster EU-Kenner des Landes. Im Jahr 1996 ging er erstmals länger nach Brüssel, als Kabinettschef von Leon Brittan, dem damaligen Vizepräsidenten der EU-Kommission. Ab 1999 arbeitete er im britischen Finanzministerium, von 2003 bis 2006 war er einer der wichtigsten Berater des Premierministers Tony Blair. Anschließend arbeitete er fünf Jahre als Banker in der Londoner City, bevor der vormalige Premier David Cameron ihn zurück in die Downing Street holte. Es sagt einiges über die Qualität von Rogers' Arbeit, dass sowohl der Labour-Premier Blair wie auch der Tory-Premier Cameron ihn in den engsten Zirkel der Macht beriefen. 2013 entsandte Cameron ihn als Botschafter nach Brüssel.

Bis Ende März will Premierministerin Theresa May die EU offiziell vom Austrittswunsch der Briten unterrichten. Rogers wäre die Rolle des Chef-Unterhändlers zugefallen. Nach seinem Rücktritt muss die Regierung nun zunächst die Nachfolge klären. Am Zeitplan ändere das nichts, hieß es am Dienstag in Westminster.

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Quelle:
SZ vom 04.01.2017
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