Süddeutsche Zeitung

EU-Korruptionsskandal:Zwei weitere Abgeordnete im Visier der Ermittler

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Die belgische Justiz verlangt die Aufhebung der Immunität von zwei Europaparlamentariern - es handelt sich offenbar um die Sozialdemokraten Tarabella und Cozzolino. Haben sie "Geschenke" aus Katar erhalten?

Von Josef Kelnberger, Brüssel

Der Korruptionsskandal rund um das Europaparlament zieht immer weitere Kreise. Die belgische Justiz hat, wie am Montag bekannt wurde, die Aufhebung der Immunität von zwei Abgeordneten beantragt. Es handelt sich nach übereinstimmenden Berichten um die Sozialdemokraten Marc Tarabella (Belgien) und Andrea Cozzolino (Italien). Tarabella und Cozzolino stehen unter Verdacht, Bestechungsgeld aus Katar erhalten zu haben, was sie dementieren. Parlamentarische Mitarbeiter der beiden waren beim spektakulären Polizeizugriff am 9. Dezember in Brüssel festgenommen worden.

Als Drahtzieher in dem Skandal gilt der ehemalige sozialdemokratische Europaabgeordnete Antonio Panzeri. Er hat offenbar nach seinem Ausscheiden aus dem Europaparlament 2019 versucht, mit Bestechungsgeld aus Katar und Marokko die Politik des Parlaments im Sinne der beiden Länder zu beeinflussen. Andrea Cozzolino trat 2019 die Nachfolge seines Landsmannes Panzeri als Vorsitzender der Maghreb-Delegation des Parlaments an. Als Zeichen, wie eng die beiden zusammenarbeiteten, wird gewertet, dass Cozzolino damals auch den parlamentarischen Mitarbeiter Francesco Giorgi übernahm, den Lebenspartner der mittlerweile ihres Amtes enthobenen und in Untersuchungshaft sitzenden Vizepräsidentin Eva Kaili.

Tarabella sagt, er fühle sich als Opfer einer "Hexenjagd"

Sowohl Giorgi als auch Panzeri, die sich ebenfalls in U-Haft befinden, haben offenbar in Vernehmungen die beiden Sozialdemokraten Cozzolino und Tarabella beschuldigt, "Geschenke", also Bestechungsgeld, erhalten zu haben. In Gegenwart von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hatten die Ermittler bereits am 10. Dezember die Wohnung von Marc Tarabella durchsucht. Tarabella sagte danach, er fühle sich als Opfer einer "Hexenjagd". Er galt im Parlament ursprünglich als großer Kritiker der Fußballweltmeisterschaft in Katar, fiel aber unmittelbar vor WM-Beginn dadurch auf, dass er die Arbeitsmarktreformen in Katar lobte.

Präsidentin Roberta Metsola wird den Antrag der belgischen Justizbehörden, wie es die Geschäftsordnung vorsieht, am 16. Januar im Plenum des Parlaments öffentlich machen. Anschließend muss der Rechtsausschuss sich damit befassen und eine Empfehlung abgeben, über die dann wiederum das Plenum mit einfacher Mehrheit entscheidet. Metsola habe darum gebeten, das Verfahren prioritär zu behandeln und bis zum 13. Februar abzuschließen, hieß es in der Mitteilung. "Das Europäische Parlament hat vom ersten Moment an alles in seiner Macht Stehende getan, um die Ermittlungen zu unterstützen, und wir werden auch weiterhin dafür sorgen, dass es keine Straffreiheit geben wird", ließ Metsola verlauten.

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