Süddeutsche Zeitung

EU-Flüchtlingspolitik:Österreich schickt Hunderte Flüchtlinge nach Slowenien zurück

Lesezeit: 2 min

Von Julia Ley

Auch zum Jahresende kommen weiter täglich tausende Flüchtlinge über die Balkanroute nach Österreich. Bisher hat das Land diese meist passieren lassen, der Großteil will ohnehin weiter nach Deutschland. Am Wochenende dann die Kehrtwende: Von Samstag bis Dienstagfrüh sind 413 Flüchtlinge von den österreichischen Behörden nach Slowenien zurückgeschickt worden. Das bestätigte eine Sprecherin der slowenischen Polizei auf Nachfrage der SZ.

Die Menschen hätten unwahre Angaben zu ihrer Nationalität gemacht, sagt Rainer Dionisio, Pressesprecher der Kärntner Polizei. Andere hätten Registrierungspapiere weggeworfen, die ihnen zuvor in Slowenien ausgestellt worden waren. Es sei üblich, dass die Flüchtlinge in Slowenien zum ersten Mal registriert würden. Österreich lasse die Angaben dann stichprobenartig von Dolmetschern überprüfen. Zuletzt sei dabei vermehrt aufgefallen, dass in Slowenien gemachte Angaben nicht stimmten.

Das Problem, dass Flüchtlinge ihre wahre Nationalität nicht angeben oder Papiere wegwerfen, ist hinlänglich bekannt. Warum es gerade jetzt verstärkt auftritt, kann sich Dionisio nicht recht erklären. Er könne sich aber vorstellen, dass Menschen mit wenig Aussicht auf Asyl versuchten, "die Gunst der Stunde zu nutzen." Viele der Abgewiesenen sollen aus Marokko oder Iran stammen und hätten damit schlechtere Chancen auf Asyl als Syrer oder Afghanen.

Etwa die Hälfte der Menschen ist inzwischen wieder in Österreich

Der slowenischen Polizei zufolge hat Österreich inzwischen knapp die Hälfte der zuvor zurückgewiesenen Personen wieder aufgenommen. "Wir rechnen damit, dass auch der Rest ihren Weg fortsetzen können wird, sobald die Identifizierung erfolgreich durchgeführt wird", sagte der slowenische Innenminister Boštjan Šefic der österreichischen Tageszeitung Die Presse.

Die Situation sei derzeit insofern verändert, als dass Österreich aufgrund von Terrorwarnungen seine Grenzkontrollen verschärft hat. Man habe deshalb am Karawankentunnel, einem Grenzübergang in Kärnten, zusätzliche Dolmetscher eingesetzt, die Aussagen der Flüchtlinge auf ihre Glaubhaftigkeit überprüfen sollen.

Der slowenischen Polizei zufolge bringt Slowenien die zurückgewiesenen Flüchtlinge in einem Asylzentrum in Postojna im Südwesten des Landes unter, wo Beamten dann noch einmal versuchen, ihre Identität festzustellen. Einige Migranten, deren Identität in Slowenien im zweiten Verfahren korrekt festgestellt wurde, hätten in Österreich dann aber wieder eine falsche Staatsangehörigkeit angegeben.

Sloweniens Innenminister Šefic zufolge bemühen sich die Behörden, bereits bei der Erstregistrierung die richtige Identität der Flüchtlinge festzustellen. Dafür würden Dolmetscher eingesetzt, die den Dialekt überprüften und nach Besonderheiten des Heimatlandes fragten. Schwierig sei es aber, verschiedene arabische Dialekte zuzuordnen. "Daher kann es vorkommen, dass sich einzelne Personen trotz aller Kontrollen unrichtig vorstellen", sagte er der Presse.

Im Vergleich zu den gesamten Flüchtlingszahlen sei die Zahl derer, die falsche Angaben machten, aber relativ klein. In letzter Zeit kämen in Slowenien täglich etwa 4000 Flüchtlinge an.

CSU will Flüchtlinge ohne Ausweise an der Grenze abweisen

Nach Österreich überlegt nun auch Bayern, Flüchtlinge ohne gültige Papiere an der Grenze abzuweisen. Das geht der Passauer Neuen Presse zufolge aus einer Beschlussvorlage der CSU-Landesgruppe hervor, die diese auf ihrer jährlichen Klausurtagung in Wildbad Kreuth verabschieden möchte.

Der CDU-Vizevorsitzende Armin Laschet äußerte sich im Deutschlandfunk zurückhaltend zu dem Vorschlag. Jeder Mensch habe ein Recht darauf, dass sein Anspruch auf Asyl geprüft werde, sagte Laschet. Auch die SPD hat die Forderung nach einem Einreiseverbot für Flüchtlinge ohne Papiere zurückgewiesen. "Wir brauchen nicht jeden Tag neue CSU-Vorschläge, die auf Stimmungen am rechten Rand zielen", sagte SPD-Vize Ralf Stegner der Passauer Neuen Presse.

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