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Erbschaftsteuer:Bayerischer Sand im Berliner Getriebe

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Die bayerische FDP stellt sich bei der Erbschaftsteuer quer. Sie fordert eine Enthaltung Bayerns im Bundesrat. Damit gerät die Mehrheit der großen Koalition in Gefahr.

Zwischen CSU und FDP in Bayern bahnt sich ein Koalitionskrach um die Erbschaftsteuerreform an, der den Berliner Koalitionskompromiss ins Wanken bringen könnte.

Während CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer in Berlin lediglich Klärungsbedarf in Detailfragen sieht, die sich in den verbleibenden zwei Wochen bis zur Abstimmung im Bundestag noch ausräumen ließen, stellt München die Zustimmung zur Reform grundsätzlich unter Vorbehalt.

Für die FDP nicht zustimmungsfähig

Das Kabinett von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verständigte sich bei seiner ersten Sitzung darauf, die Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag abzuwarten. Erst anschließend werde die Staatsregierung ihre Haltung festlegen, berichteten Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) und Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) im Anschluss.

Die bayerische FDP kündigte an, dass sie im Bundesrat eine Enthaltung durchsetzen wolle. Der Kompromiss zur Erbschaftsteuerreform führe zu Belastungen des Mittelstandes, kritisierte FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Handelsblatt. "In der jetzt bekannten Ausgestaltung ist die Erbschaftsteuerreform für die FDP Bayern so nicht zustimmungsfähig," so Leutheusser-Schnarrenberger.

Hauchdünne Mehrheit

Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) betonte, an Fahrenschon sei einmütig der Auftrag ergangen, zunächst eine Modellrechnung zur Reform der Erbschaftssteuer vorzulegen. Es gebe zwar ein hohes Maß an Übereinstimmung in der schwarz-gelben Koalition. Die FDP hätte sich aber nach den Worten von Zeil bei der Erbschaftssteuer "sehr viel mehr gewünscht".

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler präsentierte seiner Parteiführung währenddessen einen Acht-Punkte-Fragenkatalog zur Erbschaftsteuer. Der "vorläufige" Koalitionskompromiss lasse noch immer eine Reihe von Fragen offen, kritisierte Gauweiler.

Als Beispiel nannte er die Begrenzung des steuerfrei vererbbaren Wohneigentums an Kinder auf 200 Quadratmeter oder die strengen Auflagen bei der Vererbung von Familienbetrieben. Parteichef Horst Seehofer und der Landesgruppenvorsitzende Ramsauer hätten ihm zugesagt, dass sie vor einer Entscheidung über den Gesetzentwurf auf einer schriftlichen Klärung durch die zuständigen Ministerien bestehen wollten, erklärte Gauweiler.

Setzt sich die FDP durch, dann könnte sich die große Koalition aus Union und SPD in der Länderkammer nur noch auf eine hauchdünne Mehrheit von 35 Stimmen gegen 34 Stimmen stützen. Das Nein der FDP in Bayern und damit eine Enthaltung im Bundesrat bringt allerdings die CSU in die Bredouille. Nach den Worten Ramsauers sei ein einheitliches Stimmverhalten von Staatsregierung im Bundesrat und CSU-Landesgruppe im Bundestag geplant. Mit den von der CSU erreichten Nachbesserungen sei der Kompromiss seiner Ansicht nach auch für die FDP in Bayern mitzutragen.

Monatelanges Gezerre

Zugleich versprach Ramsauer bereits die Reform der Reform nach der Bundestagswahl in einem Jahr. "In einer Koalition der Union mit der FDP kommt das Thema ganz sicher wieder auf den Tisch", sagte der CSU-Politiker. Dann müsse es zur Regionalisierung der Erbschaftsteuer kommen, die mit der SPD nicht zu machen gewesen sei.

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten sich nach monatelangem Gezerre vorige Woche auf einen Reformkompromiss geeinigt. Auf Druck der CSU entfällt die Erbschaftsteuer bei Wohnungen und Häuser für Ehepartner und meist auch für Kinder ganz, wenn diese zehn Jahre darin wohnen bleiben. Auch Betriebserben müsse keine Steuern zahlen, wenn sie ihn mindestens zehn Jahre erhalten und keine Arbeitsplätze abbauen. Bei einer kürzen Frist von sieben Jahren werden 15 Prozent Steuern fällig.

Geplant ist, dass der Bundestag die Erbschaftsteuerreform am 27. November beschließt, der Bundesrat dann in der letzten Sitzung des Jahres am 19. Dezember. Nach Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts muss die Reform zum Jahreswechsel in Kraft sein. Sonst entfällt die Erbschaftsteuer und damit rund vier Milliarden Euro Einnahmen, die in die Kassen der Länder fließen.

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