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Entscheidung in Hannover:Finanzgericht: Soli ist verfassungswidrig

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Das Bundesverfassungsgericht muss den Solidaritätszuschlag auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz überprüfen - das hat das niedersächsische Finanzgericht entschieden.

Erstmals hat in Deutschland ein Gericht den Solidaritätszuschlag für die ostdeutschen Bundesländer als verfassungswidrig eingestuft. Das Niedersächsische Finanzgericht in Hannover setzte am Mittwoch die Klage eines leitenden Angestellten aus, der Einspruch gegen seinen Steuerbescheid erhoben hatte.

Das Gericht verwies das Verfahren zur grundsätzlichen Entscheidung an das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe. Der Bund der Steuerzahler (BdSt), der seit Jahren gegen den Soli kämpft, zeigte sich erfreut über die Entscheidung. "Wir rechnen uns sehr gute Chancen aus", sagte Bundesgeschäftsführer Reiner Holznagel mit Blick auf ein mögliches Aus für den Soli.

Die Richterin Georgia Gascard sagte zur Begründung für das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts, das tragende Motiv für die Einführung des Soli seien die Kosten für die deutsche Einheit gewesen. "Dabei handelt es sich aber um einen langfristigen Bedarf, der nicht durch die Erhebung einer Ergänzungsabgabe gedeckt werden durfte." Eine Ergänzungsabgabe wie der Solidaritätszuschlag diene jedoch nach den Vorstellung des Verfassungsgesetzgebers aus dem Jahr 1954 nur der Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen, betonte Gascard.

Geld für den Aufbau Ost

Der Soli wurde kurz nach der deutschen Wiedervereinigung 1991 eingeführt, zunächst nur für ein Jahr. Damit sollte vor allem der wirtschaftliche Aufbau im Osten finanziert werden. Allerdings führte die damalige schwarz-gelbe Koalition den Zuschlag 1995 erneut ein - diesmal unbefristet und mit einem Satz von 7,5 Prozent auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer. Seit 1998 liegt der Soli bundesweit einheitlich bei 5,5 Prozent.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt), der die Klage unterstützt, sieht sich durch die Haltung der hannoverschen Finanzrichter in seiner Auffassung bestätigt. "Es ist für mich undenkbar, dass eine Ergänzungsabgabe zu einer Dauersteuer werden darf", sagte der Präsident des BdSt, Karl Heinz Däke, in Hannover.

Eine Überprüfung des Soli durch das Bundesverfassungsgericht werde Rechtssicherheit schaffen. "Die heutige Entscheidung erschwert es der Politik, weitere Ergänzungsabgaben zu erheben", sagte Däke.

Eine frühere Klage des BdSt gegen den Soli war von Karlsruher Richtern nicht angenommen worden. Ob und wann das Verfassungsgericht sich mit dem Soli beschäftigt, stand zunächst noch nicht fest.

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