Süddeutsche Zeitung

Atomkraft:Immer Ärger mit Isar 2

Lesezeit: 2 min

Der Bund wollte das Kernkraftwerk bei Landshut im Winter zur Notfallreserve machen. Doch nun meldet Betreiber Preussen Elektra ein leckes Ventil. Das Umweltministerium sieht darin "eine neue Sachlage".

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Ganz reibungslos lief die Operation Notreserve bei Isar 2 schon vorher nicht. Zum 31. Dezember abschalten, wie es der Atomausstieg vorsieht? Es weiterlaufen lassen, solange der Brennstoff reicht? Oder aber eine Art Notnagel daraus machen - ein Kraftwerk in Reserve, das nur im Falle von Engpässen im europäischen Netz noch etwas länger läuft? Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) entschied sich für Letzteres, sehr zum Ärger der Betreiberfima Preussen Elektra. "Technisch nicht machbar" sei das, ließ sie das Wirtschaftsministerium in einem Brief wissen, "mit unserer Sicherheitskultur nicht vereinbar". Schon dieses Schreiben sorgte für einigen Wirbel, auch weil es rasch an die Öffentlichkeit gelangte. Nun kommt der nächste Ärger.

Eine "interne Ventilleckage" soll sich im Atomkraftwerk gefunden haben, nach Angaben des Bundesumweltministeriums kam das bei einem Fachgespräch zur Vorbereitung des Reservebetriebs heraus. Die Sicherheit des Kraftwerks sei dadurch nicht beeinträchtigt, und auch eine Reparatur sei nach Auskunft des Betreibers nicht notwendig, erklärt ein Sprecher des Ministeriums. Jedenfalls, wenn das AKW wie eigentlich geplant am 31. Dezember den Betrieb einstellt. Für einen Betrieb darüber hinaus dagegen sei eine etwa einwöchige Reparatur nötig. Und das nicht irgendwann, sondern schon im Oktober.

Was es mit dem lecken Ventil auf sich hat, und ob Preussen Elektra damit dem Bund womöglich nur die Pistole auf die Brust setzen will, bleibt einstweilen unklar. Im Bundesumweltministerium jedenfalls scheint es leise Zweifel an den Darstellungen von Preussen Elektra zu geben. So dränge Preussen Elektra auf eine Reparatur schon im Oktober, weil die Brennelemente bereits im November eine "zu geringe Reaktivität" hätten, um das Kraftwerk aus dem Stillstand heraus wieder anzufahren. "Bisher hatte der Betreiber immer ausgeführt, dass die Anlage bis Jahresende mit nahezu voller Leistung laufe", erklärt dazu ein Ministeriumssprecher. Preussen Elektra selbst war zunächst nicht zu erreichen.

Offen ist auch, was das Ventil-Problem für die weiteren Geschicke des Kraftwerks bedeutet. Nach einem "Stresstest" hatte es eigentlich noch bis Mitte April zumindest in Reserve bleiben sollen, wie auch Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Doch das Bundesumweltministerium sieht nun bei Isar 2 eine "neue Sachlage"; gegenüber den bisherigen Angaben zum Zustand des Akws gebe es "einige wesentliche neue Fakten". Diese müssten nun geprüft werden, auch mit Blick auf die Reserve-Aufgabe des Kraftwerks. Schließlich gelte es, die hohen deutschen Sicherheitsstandards zu halten. "Ein besonderes Augenmerk", so heißt es in einer Mitteilung des Bundesumweltministeriums, " liegt dabei darauf, die Einschätzung der Atomaufsicht des Landes Bayern und des Betreibers im Hinblick auf die Leckage des Ventils zu prüfen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5660058
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.