Süddeutsche Zeitung

Doping-Skandal:Russland darf bis 2022 nicht zu den Olympischen Spielen

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Wegen systematischen Betrugs verhängt die Welt-Anti-Doping-Agentur Sanktionen, lässt Moskau aber Schlupflöcher.

Von Claudio Catuogno, Lausanne/München

Russland darf als Reaktion auf staatlich organisierten Dopingbetrug nicht an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio und 2022 in Peking teilnehmen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) verhängte am Montag eine Vierjahressperre gegen das Land. Das Exekutivkomitee der Wada folgte damit einer Empfehlung ihrer unabhängigen Prüfkommission. Grund für die Sperre ist ein manipulierter Datensatz aus dem Moskauer Kontrolllabor. Die Aushändigung dieser Daten war im Herbst 2018 eine Voraussetzung, um die sanktionierte russische Anti-Doping-Agentur Rusada zu rehabilitieren. Doch laut Prüfkommission wurden vor der Übergabe Tausende Daten gelöscht oder manipuliert, individuelle Verfahren gegen ins Dopingsystem involvierte Sportler wurden damit verhindert. "Das russische Doping hat dem sauberen Sport viel zu lange geschadet", sagte Wada-Präsident Craig Reedie am Montag in Lausanne. "Russland wurde jede Gelegenheit gegeben, reinen Tisch zu machen. Stattdessen hat es sich entschieden, weiter zu täuschen." Daher habe man "in der strengstmöglichen Weise reagiert". Die Sperre gilt auch für Weltmeisterschaften in fast allen Sportarten, nicht aber für Weltcups.

Außerdem darf Russland keine Sportgroßveranstaltungen ausrichten oder sich darum bewerben.

Allerdings ist für Wettkämpfe lediglich Russland als Nation gesperrt: Sportler dürfen nicht unter russischer Fahne antreten, die Hymne darf nicht gespielt werden. Teilnehmen dürfen Sportler aus dem Land gleichwohl: als "neutrale Athleten". Bereits bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang waren, damals wegen einer ähnlichen Regelung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), 168 sogenannte "Olympische Athleten aus Russland (OAR)" dabei. Starten dürften weiterhin alle, erläuterte Reedie, "die beweisen können, dass sie nicht von diesen betrügerischen Handlungen profitiert haben".

Kritikern wie Travis Tygart, dem Chef der US-Anti-Doping-Agentur Usada, gehen die Sanktionen daher nicht weit genug. "Russland einem kompletten Bann entkommen zu lassen, ist ein weiterer verheerender Schlag für die sauberen Athleten, die Glaubwürdigkeit des Sports und Rechtsstaatlichkeit", sagte Tygart. Saubere Athleten rief er dazu auf, "eine Revolte gegen das kaputte System" zu starten. Die deutsche Anti-Doping-Agentur Nada, das Bundesinnenministerium und der Deutsche Olympische Sportbund begrüßten die Entscheidung hingegen. Russlands Premierminister Dmitrij Medwedew nannte sie "die Fortsetzung der bereits chronisch gewordenen antirussischen Hysterie".

Viele Folgen des Beschlusses sind noch offen. So dürfen laut Wada etwa russische Fußballer an der Qualifikation für die WM 2022 in Katar teilnehmen, für das Turnier selbst wären sie aber gesperrt - es sei denn, der Weltverband Fifa entwickele "einen Mechanismus", um sie "auf neutraler Basis" antreten zu lassen. Die EM 2020 mit Sankt Petersburg als Spielort ist hingegen nicht betroffen. Sie ist für die Wada nur ein "kontinentales Einzelsporereignis".

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Quelle:
SZ vom 10.12.2019
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