Süddeutsche Zeitung

Deutsche Bischofskonferenz:Leitlinien aus Himmelspforten

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Treffen unter dramatischen Umständen - doch keine Entschlüsse. Die deutschen Bischöfe berieten über den Umgang mit Missbrauch.

M. Drobinski

Selten haben sich die 27 deutschen Diözesanbischöfe unter solch dramatischen Umständen im Würzburger Kloster Himmelspforten getroffen: Einer ihrer Brüder, Walter Mixa, hat den Papst um Demission gebeten - auf Druck der Amtskollegen Robert Zollitsch und Reinhard Marx hin.

Über die Republik schwappt eine Kirchenaustrittswelle; immer neue Missbrauchsfälle werden bekannt. Hinter den Klostermauern beriet der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), wie künftig die Leitlinien zum Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch aussehen sollen. Die derzeit gültigen aus dem Jahr 2002 gelten als dringend überarbeitungsbedürftig.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bischöfe, Stephan Ackermann aus Trier, hatte gemeinsam mit Experten einen Entwurf erarbeitet, doch als die Dienstwagen der Hirten wieder durch die Klosterpforte rauschten, war - wie erwartet - der Entwurf noch nicht zur Endfassung geworden. Vor allem bei der Frage der Anzeigepflicht von Missbrauchsverdacht gibt es Differenzen.

Die bayerischen Bischöfe haben sie bereits beschlossen. Bischof Ackermann ist da aber skeptisch: Gerade die Opfervertreter seien gegen diese Pflicht, sagt er - sie könnte Betroffene davon abhalten, sich zu melden. Sein Entwurf sieht deshalb ein Vetorecht des Opfers vor. Am Ende der Beratungen betonen die Bischöfe in einer Erklärung, "dass die überarbeiteten Leitlinien stärker auf die Opfer-Perspektive eingehen und die Präventionsarbeit deutlicher berücksichtigen als bisher." "Wir spüren, dass die Kirche Vertrauen bei den Menschen verloren hat" schreiben sie. Und dass es sie in den kommenden Wochen "besonders beschäftigen" werde, "wie Vertrauen wiedergewonnen werden kann". Im Juni, sagt DBK-Sprecherin Nina Schmedding, sollen die neuen Leitlinien verabschiedet werden.

Für das Bistum Augsburg diskutierte Weihbischof Anton Losinger mit; er vertrat Bischof Mixa. Der war das andere Thema des Treffens. Die meisten Bischöfe dürften es als hart, aber notwendig empfunden haben, wie Zollitsch und Marx gegen ihren Kollegen vorgingen, dem vorgeworfen wird, als Stadtpfarrer Heimkinder geprügelt und in die Waisenhauskasse gegriffen zu haben. Regensburgs Bischof Gerhard Ludwig Müller allerdings hat am Sonntag erneut die Medien kritisiert, die Mixa mit "zum Teil lächerlichen, unglaublichen Geschichten" angegriffen hätten.

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Quelle:
SZ vom 27.04.2010
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