Süddeutsche Zeitung

Dalai Lama:Hoffnung und Jammer

Die Unterdrückung durch Peking lässt die Tibeter verzweifeln - ihr religiöses Oberhaupt bleibt gelassen.

Von Kait Strittmatter

Er ist ein Mensch von erstaunlicher Langmut, der Dalai Lama. Fast sechs Jahrzehnte lebt der bald 81-Jährige nun im Exil. Seine Heimatstadt Lhasa ist längst eine chinesische Garnisonsstadt. Seine Gesprächsangebote an China bleiben unbeantwortet. Und doch veröffentlichte er nun einen Essay, den er überschreibt: "Warum ich hoffnungsfroh bin für die Zukunft der Welt". Darin stellt er die Fortschritte von Bürgerrechten weltweit dar. Nur von Fortschritten bei den Menschenrechten in Tibet ist da keine Rede. Weil es keine gibt.

US-Präsident Barack Obama hat gerade den Dalai Lama getroffen. Wieder einmal. Peking reagierte mit einem Aufschrei, auch das hat Tradition. Das Pekinger Propagandablatt Global Times sprach von der "gemeinen Seite" Obamas - und pries die Europäer. In Europa habe der Dalai Lama "Unterstützung verloren". Tatsächlich haben Deutschlands Angela Merkel (2007) und Großbritanniens David Cameron (2012) es nur einmal gewagt, ihn zu empfangen. Dann wurde er ihnen zu heiß.

Das muss man nicht per se verdammen. Treffen mit dem Dalai Lama sind auch Symbolpolitik; sie wäre verzichtbar, wenn man der Inhalte weiter gedächte. Sprich: wenn man Peking konstant auf die Unterdrückung in Tibet hinwiese. Leider deutet nichts darauf hin, dass dies geschähe. Tibet wird vergessen. Die Tibeter spüren das. Auch deshalb haben sich 144 von ihnen seit 2009 selbst verbrannt.

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Quelle:
SZ vom 17.06.2016
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