Süddeutsche Zeitung

Corona-Krise:Regierung erwartet hohe Schulden

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Wegbrechende Einnahmen und immer neue Ausgaben: Die Berechnungen zum Bundeshaushalt sind schon jetzt düsterer als während der Finanzkrise 2009.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem dramatischen Wirtschaftseinbruch. Vorläufigen Kalkulationen zufolge wird die Bundesrepublik das Jahr 2020 mit einem Defizit von 7,5 Prozent abschließen, die Schulden werden auf mehr als 75 Prozent, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, steigen. Das geht aus dem jährlichen Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der öffentlichen Finanzen hervor, den das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin verabschiedet hat. Der erwartete Einbruch ist deutlich größer als der aus den Jahren 2008/2009 während der globalen Finanzkrise. Damals brach das BIP um 5,7 Prozent ein.

Besonders gravierend ist, dass die Kalkulationen "mit sehr hohen Unsicherheiten behaftet" sind, wie es in dem Bericht heißt. Drohende Insolvenzwellen bei Reiseveranstaltern oder im Gastrogewerbe sind nicht berücksichtigt. Hinzu kommt, dass zwei von drei Familienunternehmen sinkende Umsätze melden, weil die Nachfrage ausbleibt. Der Außenhandel geht zurück, die Ausfuhren per Eisenbahnverkehr sind um 67 Prozent eingebrochen. Die Projektionen könnten nach den neuen Steuerschätzungen im Mai nochmals korrigiert werden. Das Bundesfinanzministerium hatte in seinem jüngsten Monatsbericht bereits sinkende Steuereinnahmen ausgewiesen.

Trotz der wegbrechenden Einnahmen zeigte sich die Bundesregierung am Mittwoch entschlossen, weiter alles zu tun, um die Folgen der Pandemie zu mildern. Bund und Länder verständigten sich am Abend bereits darauf, den Unternehmen ab sofort die Möglichkeit einzuräumen, absehbare Verluste im Jahr 2020 mit den Gewinnen aus 2019 zu verrechnen. Der Liquiditätsvorschuss soll einen zweistelligen Milliardenbetrag in den Kassen der Firmen belassen. Ein Koalitionsausschuss im Kanzleramt beriet bis in die Nacht über weitere Hilfspakete sowie die Erweiterung bereits bestehender Hilfen. Der Staat hat bislang 1170 Milliarden Euro an Zuschüssen, Krediten und Garantien zugesagt. Die Mittel sind unterschiedlich abgeflossen; die Soforthilfen einiger Länder sind komplett abgerufen. Von den 50 Milliarden Euro des Bundes sind gut neun Milliarden verteilt.

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Quelle:
SZ vom 23.04.2020
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