Süddeutsche Zeitung

Gipfel am Donnerstag:Welche Corona-Maßnahmen Bund und Länder planen

Lesezeit: 4 min

2-G-Pflicht im Einzelhandel, Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte, die Schließung von Bars und Diskotheken, Zuschauerlimits für Großveranstaltungen: Was beim Bund-Länder-Treffen besprochen werden soll.

Von Miriam Dahlinger

Bund und Länder wollen an diesem Donnerstag konkrete Beschlüsse über strengere Corona-Maßnahmen fassen. Am Dienstag haben die Politikerinnen und Politiker allerdings schon beraten, was nötig und möglich wäre.

Angedacht sind zum Beispiel zusätzliche Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte, die Schließungen von Bars und Diskotheken und Zuschauerlimits für Großveranstaltungen. Auch eine allgemeine Impfpflicht könnte kommen. So wolle man dafür sorgen, dass die Infektionszahlen sinken und das Gesundheitssystem entlastet wird.

Was könnte am Donnerstag also beschlossen werden? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie geht es mit den Impfungen weiter?

Um die Impfgeschwindigkeit zu beschleunigen, sollen künftig neben Betriebs- und Fachärzten auch weitere Berufsgruppen Impfstoff verabreichen dürfen. Darunter Apotheker und Zahnärzte.

Das ehrgeizige Ziel des designierten Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) ist es, so 30 Millionen Menschen bis Weihnachten zu einer Erst-, Zweit- oder Auffrischungsimpfung zu verhelfen. Das wären etwa 1,25 Millionen Impfungen pro Tag. Zum Vergleich: Am Montag wurden nach Angaben des RKI etwa 532 000 Impfdosen in Deutschland verabreicht. Rekordtag war der 9. Juni mit insgesamt 1,4 Millionen Dosen.

Bei der Umsetzung des 30-Millionen-Ziels soll ein neuer Krisenstab helfen, den Olaf Scholz am Dienstag im Kanzleramt vorstellte. Leiten soll ihn der Bundeswehrgeneral Carsten Breuer.

Außerdem soll der Impfschutz ein Verfallsdatum bekommen: Weil der Schutz einige Monate nach der (in den meisten Fällen) zweiten Spritze kontinuierlich nachlässt, soll der Impfstatus perspektivisch nach sechs Monaten seine Anerkennung als "vollständig" verlieren.

Kommt eine Impfpflicht?

Scholz sprach sich auf der Bund-Länder-Schalte am Dienstag für eine allgemeine Impfpflicht aus. Ein entsprechendes Gesetz könnte bis Ende Februar kommen und im Bundestag beschlossen werden.

Bereits einig sind sich die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP offenbar über die Einführung einer sogenannten einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Eine Gesetzesvorlage in Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsministerium soll dazu schon nächste Woche in den Bundestag eingebracht und die Woche darauf verabschiedet werden. Dann müssten sich alle Beschäftigten etwa in Alten- und Pflegeheimen, die mit vulnerablen Menschen in Kontakt kommen, impfen lassen - also neben Pflegerinnen und Pflegern auch Reinigungskräfte.

Kommen bundesweite 2-G-Regeln?

Es zeichnet sich ab, dass bundesweit nur noch Geimpfte und Genesene Zugang zum Einzelhandel erhalten sollen, ein negativer Test reicht dann nicht mehr aus. Ausgenommen sind Geschäfte des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, Apotheken und Drogerien. Die Auflagen müssen generell von den Geschäften kontrolliert werden.

Wird es weitere Kontaktbeschränkungen geben?

Geplant sind umfangreiche Kontaktbeschränkungen vor allem für Ungeimpfte. So sollen nach einer Vorlage der SPD private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum auf den eigenen Haushalt sowie höchstens zwei Personen eines weiteren Haushaltes begrenzt werden. Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres zählen dabei nicht mit. Die Union will für Ungeimpfte nur noch Treffen von maximal fünf Personen aus zwei Haushalten zulassen, wobei Kinder unter zwölf Jahren nicht mitzählen. Für Geimpfte und Genesene gelten diese Auflagen nicht.

Werden Clubs und Diskotheken geschlossen?

In Regionen mit einer hohen Inzidenz oder Hospitalisierungsrate sollen Clubs, Diskotheken und ähnliche Einrichtungen künftig geschlossen werden. Entsprechende Grenzwerte wurden bislang aber noch nicht bekannt.

Werden Großveranstaltungen verboten?

Der Zugang zu Großveranstaltungen könnte scharf reglementiert werden. So will etwa die Union die Kapazität von Veranstaltungsorten auf ein Drittel begrenzen. Zudem sollen auch hier nur Geimpfte und Genesene Zugang erhalten. Ergänzend kann ein negativer Test verlangt werden.

Fußballfans müssen sich hingegen auf Geisterspiele einstellen. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer (CDU) führte aus: "Man kann davon ausgehen, dass die Bundesliga ohne Zuschauer weiterspielen soll. Das ist eine richtige Entscheidung."

Einem Beschlussentwurf zum Bundes-Länder-Treffen zufolge, aus dem mehrere Medien zitieren, sollen Großveranstaltungen auch bei 2G auf eine maximale Zuschauerzahl von 5000 in geschlossenen Räumen und 10 000 im Freien begrenzt werden.

Kommen Ausgangssperren oder Schulschließungen?

Zu Ausgangssperren und Schulschließungen gibt es bisher noch keine konkreten Aussagen. Jedoch könnte eine generelle Maskenpflicht an Schulen kommen.

Auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Ausgangssperren im Frühjahr rechtmäßig waren, bleiben diese umstritten. In der FDP sehen darin viele einen zu starken Eingriff in die persönliche Freiheit. Unter anderem, weil die Impfquote inzwischen fast zehnmal höher ist als im Frühjahr.

Wie geht es nun weiter?

Während die unionsgeführten Bundesländer und das grün geführte Baden-Württemberg bereits auf Entscheidungen am Dienstag gepocht hatten, blieb es bei der Bund-Länder-Schalte bei einer informellen Besprechung ohne konkrete Beschlüsse. Die Spitzen von Bund und Ländern einigten sich jedoch darauf, die eigentlich erst für den 9. Dezember geplante Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) wegen der hohen Zahl an Corona-Neuinfektionen und der zunehmenden Probleme in den Krankenhäusern vorzuziehen. Am Donnerstag soll es nun eine formelle MPK geben, auf der über die zusätzlichen Corona-Maßnahmen entschieden wird.

Was passiert nach der MPK?

Nach der MPK könnte es zu Änderungen im Infektionsschutzgesetz kommen. Von der SPD hieß es, der Bund prüfe, inwieweit das von den Ampel-Fraktionen gerade erst geänderte Infektionsschutzgesetz ergänzt werden müsse, damit die Länder einen "angemessenen Instrumentenkasten" einsetzen könnten. Durch die Änderungen sollen regional differenzierte Maßnahmen ermöglicht werden, etwa in spezifischen Landkreisen.

Ein Gesetz zu einer allgemeinen Impfpflicht könnte bis Ende Februar kommen. Scholz will dafür den Fraktionszwang aufheben, sodass sich jeder Abgeordnete frei entscheiden kann, ob er dagegen oder dafür stimmt. Aus den Ampel-Fraktionen und auch der Union kommt Zuspruch für den Vorstoß, eine Verabschiedung könnte also gut möglich sein. Die Gesetzesvorlage für die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht soll derweil schon nächste Woche in den Bundestag eingebracht und die Woche darauf verabschiedet werden.

Zudem traten in einigen Ländern bereits schärfere Maßnahmen in Kraft, beispielsweise gilt in Nordrhein-Westfalen ab dem 2. Dezember wieder an allen Schulen eine Maskenpflicht am Sitzplatz im Unterricht.

Mit Material der Agenturen dpa, Reuters und epd.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5477659
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa/epd/Reuters
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.