Süddeutsche Zeitung

Contact Tracing:Kritische Masse

Corona-Apps werden oft erst wirksam, wenn ausreichend Menschen mitmachen. Aber in manchen Altersgruppen haben nicht genügend Leute ein Smartphone.

Von Christoph von Eichhorn

Daten von mobilen Geräten können in der Corona-Krise zwei Ziele unterstützen. Einerseits lässt sich damit die Epidemie insgesamt beobachten, also beurteilen, ob sie sich verschlimmert oder abschwächt. Andererseits ließen sich damit einzelne Personen warnen, wenn sie in der Nähe eines Infizierten waren. Dem Blick aufs Ganze dient die Datenspende-App des Robert-Koch-Instituts, das Sensoren etwa von Fitness-Armbändern nutzt. Während hierfür schon ein paar Tausend Anwender nützliche Daten generieren können, erfordert das kleinräumige Contact Tracing eine deutlich höhere Zahl von Anwendern. Damit die Epidemie gebremst wird, müsste möglichst jeder Infizierte sich selbst isolieren und Menschen, denen er nahe gekommen ist, informiert werden. Falls beispielsweise 90 Prozent aller Infektionen erkannt werden - ein optimistischer Wert -, müssten mindestens 35 Prozent seiner Kontakte über die App gewarnt werden, damit die Ansteckungsrate sinkt.

Allerdings werden längst nicht alle Infektionen erkannt, oder nur mit Verzögerung. Daher müsste der tatsächliche Anteil der Nutzer sogar noch höher sein. Laut Schätzungen müsste mehr als die Hälfte der Bevölkerung beim Contact Tracing mitmachen, damit es funktioniert. In manchen Altersgruppen haben aber gar nicht so viele Menschen ein Smartphone. "Da kommt man schnell an die Grenzen der Durchdringung", sagt Oliver Amft, Lehrstuhlinhaber für Digital Health der Universität Erlangen-Nürnberg. Sicher ist, dass viele Millionen Menschen die App nutzen müssten - und darüber hinaus zuverlässig ihren Infektionsstatus melden - damit Contact Tracing einen Beitrag gegen Covid-19 leistet.

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SZ vom 28.04.2020
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