Süddeutsche Zeitung

Nach Anschlag in Christchurch:Neuseelands Kabinett einig über Verschärfung der Waffengesetze

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Neuseeland hat nach dem Anschlag mit mindestens 50 Todesopfern in Christchurch die geplante Verschärfung der Waffengesetze auf den Weg gebracht. Premierministerin Jacinda Ardern sagte in der Hauptstadt Wellington, das Kabinett sei sich "im Prinzip" über härtere Gesetze einig. Details sollen innerhalb der kommenden zehn Tage ausgearbeitet werden.

Außenminister Winston Peters vom populistischen Koalitionspartner NZF, der schärfere Waffengesetze bislang abgelehnt hatte, sagte: "Unsere Welt hat sich für immer geändert. Deshalb werden sich auch unsere Gesetze ändern." In dem Pazifikstaat darf man bislang nach einer Überprüfung schon mit 16 Jahren Waffen besitzen.

Bei seiner Festnahme hatte der mutmaßliche Attentäter fünf Waffen und auch Sprengstoff bei sich. Er besitzt seit 2017 einen neuseeländischen Waffenschein. Der Online-Waffenhändler Gun City bestätigte, dass er sich mindestens vier Waffen sowie Munition übers Internet bestellt habe. Alles sei legal vonstatten gegangen.

Die australische Polizei durchsuchte am Montagmorgen (Ortszeit) zwei Wohnungen, die in Verbindung zum mutmaßlichen Attentäter stehen sollen. Wie die Polizei mitteilte, erfolgten die Durchsuchungen in den Orten Sandy Beach und Lawrence im australischen Bundesstaat New South Wales nahe der Ortschaft Grafton, aus welcher der mutmaßliche Attentäter stammt. "Vorrangiges Ziel des Vorgehens ist es, formell Material zu erhalten, das der neuseeländischen Polizei in den laufenden Ermittlungen helfen kann", teilte die australische Polizei mit. Die Familie des mutmaßlichen Attentäters unterstütze die Polizei weiter bei den Ermittlungen.

Die neuseeländische Polizei geht davon aus, dass der Verdächtige die Anschläge allein ausübte. Polizeichef Mike Bush sagte in der Hauptstadt Wellington: "Wir glauben, dass diese furchtbare Tat von einer einzelnen Person begangen wurde." Es gebe keine Hinweise darauf, dass der Täter von irgendjemand anderem Unterstützung hatte. Bush schloss dies aber auch nicht vollständig aus. Nach Angaben des Polizeichefs sind an den Ermittlungen mehr als 200 Beamte beteiligt, auch aus Australien und von der US-Bundespolizei FBI.

Der mutmaßliche Täter will sich anscheinend vor Gericht selbst verteidigen. Der bisherige Pflichtverteidiger Richard Peters sagte dem New Zealand Herald, der Australier habe ihn von seinem Mandat entbunden. Peters äußerte die Vermutung, dass der ehemalige Fitnesstrainer den Prozess als Plattform für seine "ziemlich extremen Ansichten" nutzen will. Er habe auf ihn den Eindruck gemacht, bei klarem Verstand und psychisch stabil zu sein. Der Verdächtige habe weder Reue noch Mitleid gezeigt.

18-Jähriger angeklagt wegen Verbreitung des Live-Videos

Er hatte vor der Tat eine Kampfschrift mit rechtsextremen Parolen ins Internet gestellt und auch per Mail verschickt. Muslime und Immigranten bezeichnet er darin als "Invasoren", sich selbst als Rassisten. Die Tat, bei der er zwei Moscheen in Christchurch stürmte und das Feuer auf die Gläubigen eröffnete, übertrug er mit einer Kamera live ins Internet. Trotz aller Versuche, das 17-minütige Video aus dem Netz zu entfernen, kursiert es dort immer noch.

Ein 18-Jähriger wurde inzwischen in Christchurch angeklagt, weil er das Live-Video des Anschlags verbreitet hatte. Er muss sich außerdem wegen der Veröffentlichung eines Fotos der Moschee und dem Satz "Ziel erreicht" verantworten. Laut Staatsanwalt drohen ihm maximal 14 Jahre Haft pro Anklagepunkt.

In Christchurch sollten an diesem Montag die Beisetzungen der Toten beginnen. Vermutlich wird es aber bis Mittwoch dauern, bis alle Leichen dafür freigegeben sind. Drei Tage nach der Tat wurden die ersten Todesopfer den Familien übergeben. Im Islam ist es eigentlich üblich, dass Tote binnen 24 Stunden beigesetzt werden.

31 Verletzte werden noch im Krankenhaus behandelt. Am Montag besuchte eine Delegation aus der Türkei unter Leitung von Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu die Al-Noor-Moschee in Christchurch. Allein dort wurden am Freitag 42 Menschen getötet. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind alle Todesopfer muslimischen Glaubens.

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