Süddeutsche Zeitung

Straßburg:Tochter von Ilham Tohti nimmt Sacharow-Preis entgegen

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Die Tochter des inhaftierten chinesisch-uigurischen Wirtschaftswissenschaftlers Ilham Tohti hat den renommierten Sacharow-Preis des Europaparlaments für ihren Vater entgegen genommen. Sie wolle ihren Vater unterstützen, auch wenn sie nicht wisse, wo er sich derzeit befinde, sagte Jewher Ilham am Mittwoch im Plenum in Straßburg.

Der vor fünf Jahren wegen "Separatismus" zu lebenslanger Haft verurteilte Tohti ist einer der bekanntesten Vertreter der Uiguren. Tohti war Professor der Minderheiten-Universität (Minzu Daxue) in Peking und galt als gemäßigte Stimme, die auf Dialog bedacht war.

Sie glaube fest, dass er noch am Leben sei. "Das Volk der Uiguren braucht Sie", sagte Ilham zu den EU-Abgeordneten. Die Mitgliedsländer der Europäischen Union sollten China zur Verantwortung ziehen und Sanktionen gegen chinesische und westliche Unternehmen erwägen, die Güter in mutmaßlichen Arbeitslagern in Westchina produzieren lassen, sagte Jewher Ilham zuvor der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe aber nicht darum, China zu bekämpfen, sondern Menschenrechte zu schützen, sagte Ilham bei der Preisverleihung.

"Das letzte Mal, dass ich von meinem Vater gehört habe, war 2017"

Weder sie noch ein anderes Familienmitglied hätte derzeit Kontakt mit dem inhaftierten 50-Jährigen, so Ilham. "Das letzte Mal, dass ich von meinem Vater gehört habe, war 2017." Dass er von seiner Auszeichnung mit dem Sacharow-Preis wisse, bezweifle sie, so Ilham, die in den USA im Exil lebt. Sie forderte die chinesische Regierung auf, wieder Besuch von Familienmitgliedern bei ihrem Vater zu erlauben.

Uiguren sind ethnisch mit den Türken verwandt und werden von den herrschenden Han-Chinesen unterdrückt. Nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking hatten die Kommunisten das frühere Ostturkestan der Volksrepublik einverleibt. Hunderttausende Angehörige der uigurischen Minderheit sind aktuell in Lagern interniert. Ende November hatte das Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) geheime Dokumente der Kommunistischen Partei Chinas enthüllt, die zeigen, dass die in Peking als Weiterbildungseinrichtungen bezeichneten Lager streng bewachte Einrichtungen zur Umerziehung sind.

Die Recherche, an der auch die Süddeutsche Zeitung beteilgt war, widerlegte zudem die Aussagen der chinesischen Regierung, wonach der Aufenthalt in den Lagern freiwillig sei. Die Unterlagen zeigen zudem, wie Uiguren gezielt überwacht werden und eine große Datenbank alle möglichen Informationen sammelt, um Verdächtige zu ermitteln.

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