Süddeutsche Zeitung

CDU und Europa:Gruß mit klarer Kante

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Donald Tusk, Chef der Europäischen Volkspartei, wirbt auf dem CDU-Parteitag für mehr Stärke gegen Ungarns Nationalismus. "Das wird eine schwierige Frage", sagt Armin Laschet dazu.

Von Daniel Brössler, Berlin

Es sollte nur eine Grußbotschaft unter mehreren werden. Aber Donald Tusk setzte von Anfang an einen Ton, der aufhorchen ließ: "Es ist in hohem Maße euch zu verdanken, dass Freiheit, Ehrlichkeit, Transparenz, Wahrheit und Vernunft nicht verloren haben im Kampf mit autoritären Tendenzen, mit Korruption, Lüge und Populismus", sagte der frühere polnische Ministerpräsident, spätere EU-Ratspräsident und jetzige Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) den Delegierten des digitalen CDU-Parteitags.

In der EVP sind die christdemokratischen und konservativen Parteien Europas zusammengeschlossen, allerdings reicht das Spektrum bis zur völkisch-nationalistischen Fidesz des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Das droht die EVP zunehmend zu zerreißen und dürfte dem neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet seine erste internationale Bewährungsprobe bescheren. Was Tusk von dem neuen CDU-Chef erwartet, machte er jedenfalls ziemlich klar.

"Wenn wir alle unseren Glauben nicht verloren haben, dass das vereinte Europa eine Zukunft hat und unsere Werte einen Sinn haben, dann ist das auch ein Ergebnis eurer Konsequenz, eurer Geduld und, ganz einfach, eurer Anständigkeit", schmeichelte Tusk den deutschen Parteifreunden vor der Kulisse Danzigs.

Dann aber redete er Klartext: "Ich appelliere an eure Standhaftigkeit in unserem gemeinsamen Kampf um die freiheitliche Demokratie auch in unseren eigenen Reihen." Zwar schätzten alle die von der CDU in der Europapolitik an den Tag gelegte Geduld, aber "bei der Verteidigung unserer gemeinsamen Werte" stünden jetzt harte Entscheidungen an. Damit deutete Tusk auf die seit der Aussetzung der Fidesz-Mitgliedschaft 2019 immer wieder aufgeschobene Entscheidung über einen Ausschluss der Ungarn hin. "Ein klarer Standpunkt eurerseits wird dabei den Ausschlag geben und daher Gold wert sein", redet Tusk den Deutschen ins Gewissen.

"Wir brauchen die Ungarn und die Polen in der EU", sagt Laschet

Bisher stehen CDU und CSU und vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel im Ruf, ihre schützende Hand über Orbán und seine Leute zu halten. Ungeachtet des Appells von Tusk, der in Polen selbst unter der Regierung der mit Fidesz verbündeten PiS leidet, scheint Laschet daran nicht viel ändern zu wollen. "Das wird eine schwierige Frage", sagte er am Samstagabend im ZDF. "Wir brauchen die Ungarn und Polen in der EU. Ich will nicht, dass sie ins Rechtsradikale abdriften." Die EVP habe aber klare Bedingungen, und die werde sie "von Orbán einfordern".

Bisher zeigte sich der Ungar freilich wenig beeindruckt von derlei Bedingungen. Erst kürzlich verglich er die EU wieder mit der Sowjetunion. "Früher hat das Zentralkomitee in Moskau ideologische Positionen vorgegeben. Wer sich nicht dran hielt, wurde unter Druck gesetzt", sagte er. Jetzt stehe man in der EU kurz vor einer solchen Situation. Dem Fraktionschef der EVP im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), warf er vor, die Ungarn für "Europäer zweiter Klasse" zu halten.

Laschet selbst bekam nach seiner Wahl aus Budapest erst einmal freundliche Post. Er freue sich, schrieb Fidesz-Chef Orbán in einem Gratulationsbrief, auf die "Fortführung unserer pragmatischen und auf gegenseitigem Respekt basierenden Zusammenarbeit".

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