Süddeutsche Zeitung

Bundeswehr und Extremisten:Schutz für die Truppe

Lesezeit: 2 min

Von Oliver Das Gupta

Wenige Tage bevor sich der Bundestag der Neuerungen des Soldatengesetzes widmet, sorgt das Thema Extremismus bei der Truppe für Schlagzeilen. Wie die Funke-Mediengruppe berichtet, sind bei den Streitkräften 20 Islamisten enttarnt worden. Die Angaben bestätigte der Militärische Abschirmdienst (MAD) auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung.

Hört man genauer hin, klingt die Causa ernst, aber weitaus weniger dramatisch. Da ist nicht etwa eine Gruppe von religiösen Fundamentalisten innerhalb kurzer Zeit aufgeflogen. Einem MAD-Sprecher zufolge hätten "in den letzten Jahren" islamistische Verdachtsmomente auf 20 Angehörige der Streitkräfte zugetroffen. Der Geheimdienst gehe derzeit 60 weiteren Verdachtsfällen nach, heißt es.

Bei der Bundeswehr gibt es zahlreiche Muslime, die ihren Glauben praktizieren und als zuverlässige, gute Kameraden gelten. Aber um diese Soldaten geht es dem MAD nicht. Wer sich innerhalb der Bundeswehr radikalisiert, kann aussortiert werden, so wie es bei den erwähnten 20 Islamisten der Fall war. Die Schwachstelle befindet sich woanders: Bislang können sich die Streitkräfte vor problematischen Personen erst ab dem Tag schützen, wenn sie den Dienst bei der Truppe antreten.

Momentan reicht es aus, wenn Interessenten ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und sich zum Grundgesetz bekennen. Mit anderen Worten: Wenn ein Extremist, Terrorist oder Krimineller polizeilich nicht auffällig wurde, kann er leicht bei der deutschen Armee unterkommen.

Die Bundesregierung will deshalb das Soldatengesetz ändern, damit sich die Bundeswehr besser schützen kann vor Personal, das verfassungsfeindlich tickt. Der Gesetzesentwurf, über den am 10. November der Bundestag abstimmt, erlaubt dem MAD, bereits Bewerber zu überprüfen und gegebenenfalls auszusortieren, bevor sie Soldaten werden.

Warnung vor rechtsextremer Unterwanderung

Interessant ist die Erläuterung zu dem Entwurf, den Kanzlerin Angela Merkel am 18. Oktober an Bundestagspräsident Norbert Lammert geschickt hat ( hier im Wortlaut).

Dort ist von Hinweisen die Rede, dass islamistische Kreise versuchen, sogenannte Kurzzeitdiener in die Bundeswehr zu bringen. Als Motiv wird die Ausbildung mit Waffen genannt. Das Verteidigungsministerium verweist auch auf Beispiele bei den afghanischen Streitkräften. Dort würden islamistische Terroristen immer wieder Soldaten zu Attentaten auf Kameraden oder verbündete Streitkräfte anstiften.

In dem Regierungspapier wird auch davor gewarnt, dass Rechtsextremisten die Truppe unterwandern. Mit Blick auf die Verbrechen der Neonazi-Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) wird explizit von möglichen "Gewaltmaßnahmen" rechtsextremistischer Gruppierungen gesprochen. "Auch zu diesem Bereich ist bekannt, dass eine Affinität zu Waffen und Sprengstoffen besteht", heißt es. Dies gelte "im Grundsatz auch für die linksextremistische Gewalt".

Wenn der Bundestag der Gesetzesänderung zustimmt, stehen pro Jahr etwa 20 000 Sicherheitsüberprüfungen an. Um diese Zahl der Checks zu bewältigen, wird das Personal kräftig aufgestockt. Allein beim MAD sollen 42 Stellen entstehen. Bis es soweit ist, dauert es allerdings noch. Die Bewerber für die Truppe sollen erst ab Juli 2017 durchleuchtet werden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3236367
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.