Süddeutsche Zeitung

Rechtsextremismus:Elitesoldat hortet zu Hause Waffen und Sprengstoff

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Von Mike Szymanski, Berlin

In der Bundeswehr sorgen zwei Rechtsextremismusfälle für Aufsehen. Auf dem Privatgelände eines Soldaten der Elitetruppe KSK in Sachsen hat die Polizei am Mittwoch Waffen, Sprengstoff und Munition sichergestellt. Der verdächtige Soldat, ein 45-jähriger Oberstabsfeldwebel, stand nach Informationen der Süddeutschen Zeitung seit April 2017 wegen seiner mutmaßlich rechten Gesinnung im Visier des Militärgeheimdienstes MAD. Am Mittwoch wurde der Soldat verhaftet und von den Behörden vernommen. Die Ermittler hatten Hinweise auf das Waffenversteck erhalten. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) erklärte: "Er wird keine Uniform mehr tragen und auch keine Liegenschaft der Bundeswehr mehr betreten dürfen." Für sie sei klar: "Niemand, der in radikaler Art und Weise in unseren Streitkräften auffällt, hat in der Bundeswehr Platz."

Aus einer Unterrichtung der Obleute des Verteidigungsausschusses geht zudem hervor, dass ein früherer Kommandosoldat, der derzeit in den USA beim Heeresverbindungsstab 12 seinen Dienst leistet, vom MAD mittlerweile als Rechtsextremist eingestuft wird. Ihm werde eine "große Nähe" zur Identitären Bewegung vorgeworfen, die er auch durch Spendenzahlungen unterstützt haben soll. Der Soldat werde "unverzüglich" nach Deutschland gebracht, heißt es in dem vertraulichen Schreiben an die Obleute. Es sei beabsichtigt, ihn vorläufig des Dienstes zu entheben und ein Uniformverbot auszusprechen. Als die Abgeordneten die Informationen erhielten, dauerten die Durchsuchungen im sächsischen Fall noch an.

Es habe Durchsuchungsmaßnahmen wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz gegeben, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden mit, wo die Zentralstelle Extremismus Sachsen das Ermittlungsverfahren führt. Beamte der Soko Rex des Landeskriminalamtes Sachsen, der Polizeidirektion Leipzig sowie der Bereitschaftspolizei Sachsen hätten das Objekt des 45-jährigen Tatverdächtigen im Landkreis Nordsachsen durchsucht. Nun gelte es laut Verteidigungsministerium aufzuklären, woher Waffen, Munition und Sprengmittel stammten. Kramp-Karrenbauer will auch der Frage nachgehen, ob sich in der Truppe womöglich rechtsextremistische Netzwerke gebildet haben. Dafür konnte der MAD nach eigenen Angaben bislang jedoch keine Hinweise finden.

Im KSK gab es in den vergangenen Jahren eine Häufung rechtsextremistischer Vorkommnisse. Insgesamt meldete der MAD 550 Verdachtsfälle in der Bundeswehr, etwa 20 aber allein bei der Eliteeinheit, einem mit etwa 1000 Soldaten eher kleinen Verband. Der MAD hatte zuletzt seine Anstrengungen zur Enttarnung von Extremisten verstärkt. Die Grünen verlangen weitere Aufklärung: "Wenn sich die Berichte bestätigen, ist das ein ungeheuerlicher Fund", sagte Fraktionsvize Agnieszka Brugger. Es bestehe die Gefahr, "dass Rechtsextremisten dabei sind, unsere Sicherheitskräfte zu unterwandern."

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SZ vom 14.05.2020
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