Süddeutsche Zeitung

Boko Haram:15-Jährige ergibt sich der Polizei statt Sprengstoffgürtel zu zünden

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Sie war als Selbstmordattentäterin ausgewählt und sollte mit dem Sprengstoff, den sie um den Leib trug, sich selbst und andere Menschen töten. Doch das 15-jährige Mädchen hat sich stattdessen in Kamerun der Polizei gestellt. Zu den Polizisten sagte sie, sie sei eines der vor knapp zwei Jahren in Nigeria von Islamisten entführten Schulmädchen.

Nach Angaben des Anführers der kamerunischen Selbstverteidigungsgruppe in der Region Limani verweigerte die Jugendliche das Selbstmordattentat. Limani liegt im Norden Kameruns an der Grenze zu Nigeria und wird in letzter Zeit immer häufiger Ziel terroristischer Attentate. "Das Mädchen sah müde, unterernährt und seelisch gequält aus und konnte uns keine weiteren Einzelheiten schildern", sagte er. Kamerunische Behörden nennen den Namen des Mädchens nicht.

Das Mädchen sollte sich mit zwei anderen jungen Frauen in die Luft sprengen

Wie der Guardian berichtet, schickt Nigeria nun Eltern von vermissten Mädchen nach Kamerun, um die Identität der 15-Jährigen festzustellen. "Wenn das stimmt, sind wir sehr glücklich. Wenn wir sie mit eigenen Augen sehen, werden wir wissen, wo unsere Mädchen sind", sagte Yana Galang, Vorsitzende der Initiative der Eltern der vermissten Schülerinnen. Galangs 16-jährige Tochter Rifkatu ist ebenfalls unter den Entführten.

Der Gouverneur der Region, Midjiyawa Bakari, sagte, die Aussagen der Jugendlichen würden überprüft. Nach Behördenangaben sollte sie sich mit zwei anderen jungen Frauen in die Luft sprengen. Eine ihrer Begleiterinnen sei festgenommen worden, die andere zurück nach Nigeria geflohen, hieß es.

Sollten sich die Angaben bestätigen, wäre dies die erste Nachricht von den in Chibok entführten Schülerinnen seit Monaten. Ein Verantwortlicher in der nigerianischen Stadt sagte am Telefon, die Altersangabe der Jugendlichen könne zutreffen. Das jüngste damals entführte Mädchen sei 14 Jahre alt.

219 Mädchen werden bis heute vermisst

Am 15. April 2014 hatte die islamistische Terrorgruppe Boko Haram, die westliche Bildung ablehnt, in Chibok 276 Schulmädchen entführt. Einigen von ihnen gelang die Flucht, doch 219 werden bis heute vermisst. Boko-Haram-Chef Abubakar Shekau sagte später, sie seien zum Islam übergetreten und drohte, sie mit seinen Kämpfern zu verheiraten oder zu verkaufen.

Beobachter hatten bereits Befürchtungen geäußert, dass Boko Haram die Mädchen zu Selbstmordanschlägen zwingen könnte, nachdem immer mehr solcher Attentate von jungen Frauen verübt werden. Es ist allerdings nicht bekannt, wie viele Jugendliche Boko Haram aus anderen Orten verschleppt hat.

Die Entführung der Mädchen löste 2014 international Empörung aus. Auch US-First-Lady Michelle Obama schloss sich der Kampagne #bringbackourgirls an, die unter anderem auf Twitter forderte, dass die Schülerinnen befreit werden. Inzwischen liegt die Entführung bereits 713 Tage zurück. Der nigerianischen Regierung wird oft vorgeworfen, dass sie sich zu wenig für die Befreiung einsetze.

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SZ.de/AP/kjan
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