Süddeutsche Zeitung

Bekämpfung der Ehec-Seuche:EU-Kommissar lobt deutsches Krisenmanagement

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Auf der Sonderkonferenz zur Ehec-Welle in Berlin bedauert Gesundheitsminister Bahr, dass noch mehr Menschen an dem Darmkeim gestorben sind. Überraschend ist der Auftritt des EU-Kommissars Dalli: Er zollt dem deutschen Krisenmanagement Respekt - dabei hatte er zuvor noch offen bezweifelt, ob die deutschen Behörden ohne Hilfe aus dem Ausland die Krise meistern können.

Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sind bisher 25 Ehec-Patienten in Deutschland gestorben. Es sei nicht auszuschließen, dass es weitere Todesfälle und auch weitere Neuinfektionen mit dem Keim gebe, sagte Bahr am Mittwoch nach einem Krisentreffen der Gesundheits- und Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern gemeinsam mit EU-Gesundheitskommissar John Dalli in Berlin.

Es sei noch nicht die Zeit für Entwarnung, sagte Bahr. Er betonte aber zugleich, es gebe berechtigten Anlass für Optimismus, "dass wir bundesweit das Schlimmste hinter uns haben". Dies zeigten die in den vergangenen Tagen vom Robert-Koch-Institut in Berlin erfassten zurückgehenden Zahlen von Neuinfektionen. Die bestehenden Verzehr-Empfehlungen vor allem für rohe Gurken, Tomaten, Salat und Sprossen müssten aufrechterhalten werden.

Der Verbraucherschutz und die Gesundheit der Bürger hätten oberste Priorität, betonte der Minister. Mehr als 1900 Menschen seien mittlerweile mit dem Ehec-Erreger infiziert, sagte die Bremer Gesundheitssenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD). Etwa 670 Patienten litten am hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS), das bei Ehec-Infektionen auftreten und zum Tod führen kann.

Die Suche nach der Quelle des EHEC-Erregers könnte ohne Erfolg bleiben. Es sei verständlich, dass die Bürger wissen wollten, wo der gefährliche Darmkeim herkomme, "wir wissen aber aus früheren Ausbrüchen, dass der Nachweis äußerst schwierig ist und auch häufig nicht vollständig gelingt", sagte Rosenkötter.

Es werde jedoch konsequent und mit Nachdruck an der Identifikation des Ursprungs gearbeitet. Mittlerweile seien rund 3.800 Lebensmittelproben genommen worden. Es würden weiterhin Restaurants und Kantinen in Norddeutschland, wo es die meisten Krankheitsfälle gibt, untersucht. Zudem würden dort alle Betriebe überprüft, die Gemüse roh an Restaurants und Caterer weiterverkaufen. Auch die Spur, die zu dem niedersächsischen Sprossenerzeuger führte, werde weiter verfolgt. Es gebe weiterhin Indizien, dass dieser Betrieb am Ehec-Ausbruch beteiligt gewesen sein könnte, sagte Rosenkötter.

EU-Verbraucherkommissar Dalli äußerte sich positiv über die Bekämpfung der Ehec-Infektionswelle in Deutschland. EU-Experten hätten sich in den vergangenen Tagen ein Bild gemacht und seien von den Anstrengungen beeindruckt gewesen, sagte der Malteser Dalli in Berlin. Nun sei nicht der Moment für Kritik. Nach dem Ende der Krise solle aber über mögliche Lehren gesprochen werden. Nötig sei eine enge Koordination und Kooperation. Die europäischen Verbraucher hätten ein Recht auf gute Qualität der Lebensmittel.

Mit seinen zustimmenden Worten schwächte der EU-Politiker seine vorher geäußerten Zweifel am deutschen Krisenmanagement ab. Dalli hatte die deutschen Behörden zu einer engen Zusammenarbeit mit ausländischen Experten aufgerufen. "Wir müssen auf die Erfahrung und die Expertise in ganz Europa und sogar außerhalb Europas setzen", sagte Dalli der Welt.

Zuvor hatte Gesundheitsminister Bahr Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung zurückgewiesen. Ähnlich äußerte sich Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) am Rande des Treffens in Berlin: "Das System funktioniert", sagt Aigner. Die zuständigen Institute und Behörden stimmten sich eng miteinander ab. Die Aufgabenteilung zwischen Gesundheits- und Agrarministerium sei klar geregelt, und auch zwischen Bund und Ländern gebe es kein Kompetenzgerangel, versicherte sie. "Bund und Länder ziehen gemeinsam an einem Strang."

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