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Aufseher in Auschwitz:Früherer KZ-Wächter Lipschis für verhandlungsunfähig erklärt

Er war einer der meistgesuchten NS-Verbrecher: Hans Lipschis soll im Konzentrationslager Auschwitz Beihilfe zum hundertfachen Mord geleistet haben, doch nun entgeht er einem Prozess. Der 94-Jährige ist wegen angehender Demenz angeblich verhandlungsunfähig.

Der angeklagte frühere Wachmann im Konzentrationslager Auschwitz, Hans Lipschis, ist verhandlungsunfähig. Deswegen komme der 94-Jährige auf freien Fuß, teilte das Landgericht Ellwangen in Baden-Württemberg am Freitag mit. Der Haftbefehl gegen Lipschis wurde aufgehoben.

Das Gericht habe "erhebliche Zweifel daran, dass der Angeschuldigte verhandlungsfähig" sei. Lipschis sollte wegen Beihilfe zum hundertfachen Mord der Prozess gemacht werden.

Angesichts einer beginnenden Demenz sei es sehr wahrscheinlich, dass Lipschis "einem Strafprozess von dieser Größenordnung, Komplexität und Dauer nicht mehr ausreichend folgen und sich deshalb gegen die schwerwiegenden Anklagevorwürfe nicht mehr angemessen verteidigen kann".

Die Staatsanwaltschaft hatte Lipschis vor wenigen Monaten festnehmen lassen. Er soll im Konzentrationslager Auschwitz in der Zeit von 1941 bis 1945 in die Ermordung von Häftlingen verwickelt gewesen sein. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum, das weltweit nach NS-Verbrechern fahndet, hatte Lipschis auf die Liste der meistgesuchten Nazis gesetzt.

Lipschis ist seit dem 6. Mai in Untersuchungshaft im Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg bei Stuttgart. Er ist gebürtiger Litauer.

Laut Staatsanwaltschaft Stuttgart lebte der Mann nach Kriegsende zunächst in Norddeutschland, wanderte 1956 aber in die USA aus und ließ sich in Chicago nieder. Dort wurde ihm die amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt. Ende 1982 wurde er aus den USA ausgewiesen, lebte seither in Baden-Württemberg.

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