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Atomstreit spitzt sich zu:Iran testet Raketen

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Im Streit um sein Atomprogramm gießt Teheran weiter Öl ins Feuer. Nach der Ankündigung, eine zweite Atomanlage bauen zu wollen, hat Iran mehrere Raketen getestet. Israel drängt die USA nun zum Handeln.

Inmitten des neu angeheizten Streits um das iranische Atomprogramm hat das Land am Sonntag mit den angekündigten Raketentests begonnen. Nach einem Bericht des iranischen Senders Press TV erprobten die Revolutionsgarden bei einem Manöver einen neuen Typ von Kurzstreckenraketen sowie Abschussanlagen.

Die Raketentests waren am Samstag angekündigt worden. Einen Tag zuvor hatte das Eingeständnis Irans, eine zweite Anlage zur Urananreicherung zu bauen, international Besorgnis und scharfe Kritik ausgelöst. Das islamische Land steht im Verdacht, am Bau von Atomwaffen zu arbeiten. Iran beteuert, das atomare Material nur für zivile Zwecke nutzen zu wollen.

Ein Sprecher der Revolutionsgarden sagte am Sonntag, Ziel der Militärübung sei es, die Verteidigungsfähigkeit zu verbessern, auch im Fall einer "langanhaltenden ausländischen Invasion". Dazu gehöre auch die Bewertung jüngster technischer Fortschritte bei Boden-Boden-Raketensystemen.

Die Raketentests erfolgten in verschieden Etappen und an unterschiedlichen Orten, sagte General Hossein Salami weiter. Am zweiten Tag des Manövers an diesem Montag sollten zudem erneut Schahab-3-Raketen getestet werden.

Angesichts der neuen Entwicklungen im Atomstreit mit Iran forderte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu "lähmende Sanktionen" gegen das Land. "Wenn nicht jetzt, wann dann", sagte Netanjahu nach israelischen Medienberichten in Telefongesprächen mit führenden US- Politikern.

Scharfe Töne schlug auch Außenminister Avigdor Lieberman an. Die neue Anlage zur Urananreicherung sei "ohne jeden Zweifel" für militärische und nicht für friedliche Mittel vorgesehen, sagte Lieberman dem israelischen Rundfunk. Die Welt müsse jetzt ihre Schlussfolgerungen ziehen.

Die Tageszeitung Jerusalem Post zitierte einen hochrangigen Regierungsbeamten mit den Worten: "Wir glauben, dass viele westliche Länder jetzt sehen, wie die Maske Irans herunterfällt." Die Welt habe ihre letzte Chance zum Eingreifen.

Die zweite Atomanlage

Die USA wollen Iran nach amerikanischen Medienberichten auffordern, unverzüglich internationalen Inspektoren Zugang zu seiner zweiten, im Bau befindlichen Anlage zur Urananreicherung zu gewähren. Wie US-Medien am Samstagabend berichteten, werden Washington sowie fünf weitere Staaten darauf dringen, dass die Inspektoren Personal der Anlage befragen und Konstruktionspläne sowie Computer einsehen können.

Die Forderungen sollen nach Angaben von Regierungsvertretern am kommenden Donnerstag bei den ersten direkten Verhandlungen mit dem Land über sein Atomprogramm in Genf gestellt werden.

Teheran will nach eigenen Angaben internationale Inspekteure in seine neue Anlage lassen. Ein konkreter Termin wurde allerdings nicht genannt. Es werde eine "Inspektion der neuen Fabrik in angemessener Zeit geben", sagte der Leiter der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, im staatlichen Fernsehen.

Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan kündigte an, im kommenden Monat mit Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad über das umstrittene Atomprogramm der Islamischen Republik sprechen zu wollen. Er werde dazu Ende Oktober in den Iran reisen, sagte Erdogan am Samstag in New York. In Bezug auf Sanktionsforderungen gegen Iran äußerte sich der türkische Regierungschef zurückhaltend.

Ein Iran-Besuch des türkischen Außenministers Ahmed Davutoglu soll bereits für kommenden Donnerstag vorgesehen sein. Am selben Tag kommen Vertreter der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands mit einer iranischen Delegation in Genf zusammen.

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