Süddeutsche Zeitung

Das Politische Buch:Weltgeschichte, pastellfarbig grundiert

Lesezeit: 1 min

Christian Grataloup zeigt auf beeindruckende Weise, wie Geschichte und Geografie global zusammenspielen. Ein Großwerk in 515 Karten.

Von Werner Hornung

Es könnte ein französisches Sprichwort sein: Wenn schon vorweg die Suppe schmeckt, dann freuen wir uns erst recht auf das Hauptgericht. So ist es bei diesem übersetzten Geschichtsatlas aus Frankreich, dessen informative Einleitung uns neugierig macht auf die weiteren Seiten. Ausgewählt und bearbeitet hat die fünfhundertfünfzehn Karten samt dazugehörigen Begleittexten der Geo-Historiker Christian Grataloup gemeinsam mit Kartografen der Zeitschrift L'Histoire (Paris).

"Die Geschichte der Welt" passt gut in das Programm von C. H. Beck; bekanntlich ja ein Verlag, in dem seit Langem wichtige historische Literatur erscheint. Nun liegt dieses chronologisch geordnete Nachschlagewerk vor, das alle Epochen und Erdteile erfasst, französisches Terrain teils sogar recht detailliert. Es besteht aus dreizehn Kapiteln; das erste handelt von der Frühgeschichte, und das letzte trägt den Titel "Die Welt seit 1989". Dazwischen befinden sich elf unterschiedlich ausführliche Abschnitte, die sich aber in der Gestaltung alle gleichen. Es gibt stets eine oder mehrere Karten, pastellfarbig grundiert und markiert mit Symbolen, Kreisen, Linien oder Pfeilen. Außerdem ergänzen erklärende Notizen, Hinweise auf thematisch ähnliche Geschichtskarten und teilweise Zeitleisten die Atlasseiten.

Innovatives Kartenmaterial

Was Christian Grataloup hier präsentiert, ist auf beeindruckende Weise das globale Zusammenspiel von Geschichte und Geografie. Ganz gleich ob er den Verlauf der Pest im späten Mittelalter auf einer Doppelseite erklärt, das kolonialisierte Afrika oder den Sechstagekrieg im Nahen Osten (1967) erläutert, es ist immer ein anschaulich gefertigter Rückblick. Wobei einige Kartenblätter besonders gefallen, weil sie so in anderen Geschichtsatlanten nicht zu finden sind - etwa zum türkischen Völkermord an den Armeniern (1915/1916), zum stalinistischen Lagersystem Gulag oder zu "Mauern ab 1900", also zur Abschottung von Grenzen.

Pardon, natürlich entdeckt man bei der umfangreichen Lektüre auch hie und da kleinere Mängel: Das Konzentrationslager Buchenwald beispielsweise ist fehlerhaft nördlich von Prag verortet; bei der Kennzeichnung von katholischen und protestantischen Gebieten in Franken wurden die in der Legende angegebenen Farben verwechselt; in der Toskana sind Florenz und Siena falsch markiert; und Katyn, wo 1940 Tausende polnische Offiziere von Sowjets ermordet wurden, müsste korrekt als russischer Ort genannt werden.

Das alles mag ein Haar in der Suppe sein, doch bei so viel kartografischen Details und Jahreszahlen sind dies für uns nur Petitessen in einem formidablen Geschichtsatlas.

Werner Hornung bespricht seit mehr als fünfzig Jahren politische Bücher und kartografische Literatur.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5704140
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.