Süddeutsche Zeitung

Flüchtlingspolitik:30 000 Afghanen warten auf ihre Asylbescheide

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Die Anerkennungsquote liegt zwar bei fast 100 Prozent. Die Linke aber kritisiert, dass vor allem die Anträge junger Männer nicht schnell genug bearbeitet werden.

Fast 30 000 afghanische Schutzsuchende warten auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge in Deutschland, darunter viele junge Männer. Von den Ende Januar insgesamt 29.336 anhängigen Verfahren afghanischer Asylsuchender betreffen dem Bundesinnenministerium zufolge zwei Drittel (19 749) männliche Bewerber, wie die Funke Mediengruppe berichten.

Davon waren 12.165 Afghanen zwischen 18 und 40 Jahren alt, das entspricht 41,5 Prozent aller anhängigen Verfahren. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken hervor.

Die Anerkennungsquote afghanischer Flüchtlinge ist nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban hoch: Sie lag nach der Asylverfahrensstatistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im Januar bei fast 99 Prozent. Es entspreche der Entscheidungspraxis des Bamf, die anhängigen Verfahren "nach bestimmten Fallgruppen zu priorisieren", erklärte das Bundesinnenministerium. Demnach werden derzeit die Anträge von Familien sowie die Anträge "vulnerabler" Personen vorrangig entschieden.

Die Fraktion der Linken befürchtet jedoch, dass die hohe Anerkennungsquote nur erreicht wird, indem die Fälle junger Männer derzeit zurückgestellt werden. Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger wollte von der Bundesregierung zudem wissen, ob sie die Rückkehr nach Afghanistan für alleinstehende, gesunde, junge Männer für zumutbar hält.

Das Bamf prüfe in jedem Einzelfall, ob ein Schutzstatus zuzuerkennen sei, antwortete das Auswärtige Amt. "Dies kann dazu führen, dass bei alleinstehenden, gesunden, jungen Männern kein Schutzstatus gegeben ist." Zugleich versicherte die Bundesregierung, dass Deutschland "sein Engagement für die Menschen in Afghanistan fortsetzen und sich insbesondere für den Schutz und die Aufnahme derer einsetzen" werde, die "durch eine frühere Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik gefährdet sind".

Bünger kritisiert die Vorgehensweise: "Dass jungen afghanischen Männern Abschiebungsschutz in Deutschland verweigert wird, ist angesichts der in jeder Hinsicht katastrophalen Lage in Afghanistan skandalös", sagte die Abgeordnete den Zeitungen. Es sei "schlicht unverantwortlich", irgendjemanden nach Afghanistan abschieben zu wollen. Junge Afghanen durch Rückstellungen in der Warteschleife zu belassen, sei zudem "integrationspolitisch fatal" und für die Betroffenen eine enorme Belastung.

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SZ/kna/kler
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